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Die Brockenbahn führt durch die Schneelandschaft vom Harz direkt auf den Berg.

© Jana Zieseniß

Magazin Winter: Märchenhafter Aufstieg

Zu Hause ist die Bloggerin Jana Zieseniß im Harz. Regelmäßig steigt sie auf ihren Hausberg, den Brocken, der sich im Winter von seiner besten Seite zeigt.

Der Brocken ist ein sehr merkwürdiger Berg. Bis in die 90er Jahre war er militärisches Sperrgebiet und eine bedeutende Abhörstation der Sowjetunion. Seine kahle Kuppe, die auf Grund seiner exponierten Lage ein Klima wie in Island aufweist und oberhalb der Baumgrenze liegt, wird immer noch von Funkmasten und unansehnlichen Gebäuden verschandelt. Seinen wahren Zauber zeigt der Gipfel erst, wenn der erste Schnee die Landschaft in ein Winterwunderland verwandelt.

Der einbrechende Schneefall am ersten Weihnachtstag bringt meinem "Hausberg" immerhin 15 Zentimeter Neuschnee - und damit genug für eine leichte Schneewanderung.

Am Morgen strahlt mir auf der Webcam bereits die Sonne entgegen. Das ist wirklich etwas Besonderes. Denn der Brocken hält mit 330 Tagen Nebel im Jahr den absoluten Nebel-Rekord in Deutschland. Und so starten wir bei klirrend kalten neun Grad unter Null aber strahlend blauem Himmel vom Parkplatz Oderbrück unsere Brockenbesteigung.

Die Brockenbahn erinnert an den Hogwards-Express aus Harry Potter

Der Weg von Oderbrück ist mit gut sieben Kilometern der zweitkürzeste auf den Brocken. Kürzer ist nur noch der Weg vom sogenannten Ehrenfriedhof, dessen Parkplatz aber meist total überfüllt ist. An zunächst noch überwiegend grünen Tannen vorbei führt uns der Weg geradewegs hinauf Richtung Gipfel, auch wenn dieser noch im Tannendickicht verschwindet. Dank der Sonne fühlen sich die Minusgrade gar nicht so kalt an wie befürchtet und der Anstieg tut sein Übriges um uns schnell auf Betriebstemperatur zu bringen. Die ersten 3,5 Kilometer lassen wir zügig hinter uns. Dann kommt zum ersten Mal die Brockenspitze in Sicht.

Je höher wir kommen, desto weißer werden die Tannen um uns herum. So viel Schnee haben wir gar nicht erwartet.

Nur wenige hundert Meter weiter oben erreichen wir die Schienen der historischen Brockenbahn, die uns auf den nächsten zweieinhalb Kilometern begleitet. Die alte Schmalspurbahn ist eines der Highlights der Brockenbesteigung. Besonders jetzt, wo sie sich schnaufend ihren Weg durch die schneebedeckten Tannen bahnt, erinnert sie an den Hogwards-Express aus den Harry Potter-Romanen. Die Bahn bringt ganzjährig die "fußlahmen Touristen" auf den Brocken. Eigentlich kann man sie nur bedauern - denn ihnen entgeht der schöne Weg, der tausend Mal interessanter ist, als der Gipfel selbst. Aber ohne die Touristen kämen wir Wanderer auch nicht in den Genuss einen Blick auf die historische Lok zu erhaschen, die auf diesem Teil des Weges den Höhepunkt darstellt.

Verlaufen kann man sich durch die Wanderwegweiser im Gebirge nicht.
Verlaufen kann man sich durch die Wanderwegweiser im Gebirge nicht.

© Jana Zieseniß

Aber wir treffen nicht nur auf die Brockenbahn, sondern auch auf dichte Nebelschwaden, die sich mit jedem Höhenmeter dichter vor die Sonne schieben. Es dauert nicht lange und wir und der Brocken sind im dichten Nebel verschwunden. Dann wird also doch nichts aus den 70 Kilometern Fernsicht, die es noch am Morgen gegeben hat.

Seite an Seite mit den Schmalspurschienen erreichen wir die magische 1.000-Meter-Marke. Die Sicht hat sich inzwischen auf wenige Meter verringert. Mir macht das wenig aus, denn wenn ich eins gelernt habe, dann ist es den Nebel zu lieben. Wie bizarre Eisskulpturen ragen die vereisten Bäume aus dem weißen Nichts hervor.

Für den letzten Kilometer verlassen wir schließlich die Schienen, die in einem Bogen auf die Kuppe führen und marschieren auf der breiten Brockenstraße zum Gipfel. Inzwischen hat der Nebel nicht nur die Bäume, sondern auch uns mit einer weißen Schicht überzogen. Zügig legen wir die letzten Meter zurück und freuen uns schon auf die Aufwärmung im Brockenwirt, die zu jeder Winterbesteigung dazu gehört.

Der gemütliche Gastraum platzt bereits aus allen Nähten als wir gegen Mittag eintreffen. Aber schließlich findet sich doch noch ein kleines Plätzchen für uns und wir lassen uns die obligatorische Erbsensuppe mit echtem Harzer Knackwürstchen schmecken.

Der Nebel lenkt den Blick auf die kleinen Details

Wir schenken uns den Abstecher zum Gipfel, der sowieso nur aus einem Felsbrocken auf dem zugigen Brockenplateau besteht, schießen noch ein Erinnerungsfoto und machen uns an den Abstieg.

Wir ahnen schon, dass wir die Sonnen an diesem Tag nicht mehr wiedersehen werden. Aber ich stelle fest, dass der Nebel den Blick auf die kleinen, schönen Details lenkt, die sonst im Panorama eher untergehen würden.

Nach eineinhalb Stunden erreichen wir unseren Ausgangspunkt in Oderbrück. In der Dämmerung machen wir uns auf den Heimweg und freuen uns schon auf den Punsch der dort auf uns wartet.

Die Wanderung von Oderbrück zum Brocken und zurück ist knapp 16 Kilometer lang. Da der Weg als Winterwanderweg ausgeschrieben ist, wird er selbst bei meterhohem Schnee meist frei geräumt. Für die gesamte Strecke sollte man eine gemütliche Gehzeit von rund 3 1/2 Stunden (2 Stunden rauf und 1,5 Stunden runter) einplanen. Mit Pause ist man also etwa 4 bis 5 Stunden unterwegs.

Jana Zieseniß

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