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Klasse vorbereitet. Für angehende Lehrkräfte ist es wichtig, praxisnah auf ihren Beruf vorbereitet zu werden. An der Dahlem School of Education bekommen auch Studieninteressierte einen Einblick in das Lehramtsstudium und die späteren Aufgaben an Schulen.

© Getty Images

Lehramt und gesellschaftliche Verantwortung: Weil jede Klasse anders ist

An der Freien Universität studieren die Lehrkräfte von morgen. Sie zeichnen sich durch fachliche und pädagogisch-didaktische Kompetenz und Haltung aus.

Von Annika Middeldorf

Opa ist nicht überzeugt von dem kostspieligen Wunsch seiner Enkelin: Noise-Cancelling-Kopfhörer sollen Störgeräusche unterdrücken und so für ein optimales Musikerlebnis sorgen. Der Senior zweifelt: Wie soll das funktionieren? Umso überraschter ist er, als das Mädchen ihm die Wirkweise von Schall und Gegenschall erklärt. „Mit Wissenschaft den Alltag zu erklären, finde ich großartig“, sagt die Lehramtsstudentin Alissa Çakarcan. „Dieses Wissen im Unterricht weiterzugeben, macht mir viel Freude. Und so ist es doch gleich viel interessanter, als einen physikalischen Merksatz auswendig zu lernen, oder?“

Die 25-Jährige hat kreative Aufgabenstellungen wie diese im Rahmen eines Seminars erarbeitet und in einem sogenannten Lehr-Lern-Labor mit einer Schulklasse durchgeführt. Das Seminar – ein Teil des Bachelorstudiums – ist eines von vielen Elementen, bei denen zukünftige Lehrkräfte an der Freien Universität mit Schulpraxis in Kontakt kommen. Das eigene Verhalten zu reflektieren und gegebenenfalls anzupassen, sei dabei besonders wichtig zu lernen, sagt Eva Terzer. Die promovierte Biologiedidaktikerin ist Geschäftsführerin der Dahlem School of Education (DSE), die zentrale Anlaufstelle für das Lehramtsstudium an der Freien Universität. „Wir wollen Studierenden nicht einfach einen Handwerkskoffer mitgeben, mit dem sie dann jahrzehntelang auf die immer gleiche Art unterrichten. Im Lehramtsstudium geht es deshalb im Kern darum zu erlernen, wie man Unterricht auf der Grundlage fachlicher und didaktischer Theorien reflektiert und worauf man überhaupt achten muss.“ Denn jede Klasse ist anders: Wenn das Rollenspiel zum Vokabeltraining mit der einen Gruppe gut funktioniert, könne es in der Parallelklasse zum Chaos kommen. Der Unterricht müsse immer an die jeweilige Lerngruppe angepasst sein, erläutert Eva Terzer.

Wichtiger als eine "Lehrerpersönlichkeit" ist die fachliche Bildung

Um Schülerinnen und Schüler für ein Fach zu begeistern, braucht es außerdem ein breites Repertoire an interessanten Themen oder Fragestellungen. Eine exzellente fachliche Bildung auf dem Stand der Forschung ist im Lehramtsstudium an der Freien Universität deshalb von besonderer Bedeutung.

Lange galt die Annahme, es gebe eine „Lehrerpersönlichkeit“. „Das wurde wissenschaftlich längst widerlegt“, sagt Eva Terzer. Es gebe aber durchaus Eigenschaften, die gute Startbedingungen für ein Lehramtsstudium seien. Ein Interesse daran, mit Kindern zu arbeiten etwa. „Personen, die ihr Berufsleben lang lernen möchten, fachlich und didaktisch gut reflektieren können und in ihrem Handeln flexibel sind, haben wohl besonders gute Voraussetzungen, den Lehrberuf auszuüben.“

Lehrkräfte sind in Deutschland weiterhin sehr gesucht – allerdings schwankt die Nachfrage sehr, wie Eva Terzer zu berichten weiß: „Die Fächerkombinationen Deutsch und Geschichte oder Deutsch und Politik machen die Jobsuche nach dem Studium eher schwierig.“

Gut vorbereitet auf den Beruf: Lehramtsstudentin Alissa Çakarcan
Gut vorbereitet auf den Beruf: Lehramtsstudentin Alissa Çakarcan

© privat

Alissa Çakarcan hingegen wird sich mit ihrer naturwissenschaftlichen Fächerwahl vermutlich ihre Stelle aussuchen können: Sie studiert im zweiten Master-Semester Physik und Biologie für die Integrierte Sekundarschule und für das Gymnasium. Dass sie Lehrerin werden möchte, habe sie nicht gleich gewusst, erzählt sie: „Mir hat die Schule aber gleich nach dem Abitur sehr gefehlt. Ich hatte zuerst ein naturwissenschaftliches Orientierungsstudium begonnen, aber das war nicht das Richtige für mich“, erzählt sie. Als Tanzlehrerin für Kinder habe sie schon immer Spaß daran gehabt, jungen Menschen etwas beizubringen. „Lehramt ist für mich einfach die perfekte Kombination“, sagt sie.

Qualifizierte Lehrkräfte auszubilden ist ein gesellschaftliches Anliegen

Alissa Çakarcan ist eine von rund 6500 Studierenden, die sich an der Freien Universität Berlin zurzeit für den Lehrberuf qualifizieren. Das Studium besteht aus sechs Semestern im Bachelor bei individueller Fächerkombination, vier Semestern im Master of Education und einem anschließenden Referendariat von eineinhalb Jahren in Berlin.

Die umfassende Bildung der Lehrkräfte heute ist auch ein Brückenschlag in die Zukunft, sagt Klaus Hoffmann-Holland, Erster Vizepräsident der Freien Universität: „Lehrkräfte bestmöglich zu qualifizieren ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, das für die Freie Universität Berlin besonders wichtig ist, damit die Schülerinnen und Schüler von heute zu kompetenten und kritischen Köpfen von morgen werden.“

„Lehrkräfte tragen eine gesellschaftliche Verantwortung“, sagt auch Eva Terzer. Eine gute Lehrkraft zeichne sich deshalb auch durch eine Haltung aus, die sie im Klassenraum vertritt. Auch darauf werden Lehramtsstudierende an der Freien Universität vorbereitet: „Themen wie Demokratiebildung, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit sind in jeder Schulform und jedem Schulfach relevant. An der Freien Universität setzen die Studierenden sich deshalb fächerübergreifend mit diesen Themen auseinander“, hebt Eva Terzer hervor.

Gut vorbereitet in den Lehrberuf. Geschäftsführerin der Dahlem School of Education
Gut vorbereitet in den Lehrberuf. Geschäftsführerin der Dahlem School of Education

© Michael Fahrig

In dem Projekt K2teach arbeiten die Studierenden mit sogenannten Fall-Vignetten: Den Studierenden wird darin beispielsweise der Fall eines Kindes geschildert, das Lernschwierigkeiten hat. Diagnose und Handlungsempfehlungen werden anschließend entwickelt: Wo könnten die Ursachen dafür liegen und was könnte die Lehrkraft in diesem Fall tun?

Wie die zukünftigen Lehrkräfte Unterricht professionell wahrnehmen können, lernen sie an der Freien Universität mit dem Videoportal FOCUS, einer Sammlung von Lerneinheiten, deren Grundlage Unterrichtsvideos sind. Die Studierenden sehen in den Videos zum Beispiel einen wirksamen oder wenig wirksamen Umgang mit Unterrichtsstörungen. „Sie werden umfassend darin geschult, Unterrichtsstörungen nicht nur wirksam zu begegnen, sondern vor allem auch, ihnen vorzubeugen. Durch die Arbeit mit den Videos lernen die Studierenden, Stärken und Schwachstellen einer Unterrichtsstunde zu identifizieren“, sagt Eva Terzer. Alissa Çakarcan wird in knapp einem Jahr ins Referendariat gehen. Auf ihre Arbeit im Klassenraum fühlt sie sich gut vorbereitet.

Für den Inhalt dieses Textes ist die Freie Universität Berlin verantwortlich.

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