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Der Rias Kammerchor.

© Matthias Heyde

Zwischen frivol und hoch philosophisch: Der Rias Kammerchor spürt den Anfängen der Oper nach

Kunst und Klamauk, von Monteverdi bis John Blow: Der Rias Kammerchor führt die Geburt der Oper in Italien und England vor Augen und Ohren.

Die Geburt der Oper aus den niederen Instinkten: Man vergisst ja leicht, wie durchlässig der menschliche Geist sein kann.

Eben noch frivol und gleich darauf hoch philosophisch, eben noch von sexueller Begierde getrieben und schon die himmlische Liebe besingend – wer auf die Anfänge der Oper in Italien und England zurückblickt, stößt auf eine Fülle solcher Vexierbilder.

Wie frech-vergnügt und dann wieder zu Tränen rührend diese Werke von Claudio Monteverdi, Henry Purcell, John Blow oder dem weniger bekannten Orazio Vecchi aus Modena ausfallen, haben Mitglieder des Rias-Kammerchors und das Sheridan Ensembles nun im Pierre Boulez Saal vor Augen und Ohren geführt.

Ja, auch vor Augen: Unter Leitung des britischen Cembalisten Robert Hollingworth lassen die Sängerinnen und Sänger sich nicht lumpen, geben munter gereimte Zwischentexte zum Besten, schwingen das Tanzbein, liefern sich Flirts und andere Duelle samt Kinnstreichlern und Nasenstübern, bis hin zum fischigen Schlagabtausch mit Hollingworth himself.

Schließlich gilt’s hier der Kunst und dem Klamauk, den Tücken der Harmonie, dem süßen Gift der Verführung, von Vecchis Madrigalkomödie „L’Amfiparnaso“, einem Liebesverwirrspiel rund um eine vom Vater zur arrangierten Ehe gedrängten Tochter, bis zu den Ausschnitten aus Purcells Semi-Operas „King Arthur“ oder „The Fairy Queen“ .

Weinen tut gut

Ob Schäferspiel oder die sogenannten englischen Masques: auffallend sind Textverständlichkeit und Transparenz dieser Renaissancemusik.

Wie samtene Bänder durchziehen die Melodien den ovalen Saal, vermessen den Klangraum, mal frei schwebend, mal miteinander verflochten und sich wieder lösend.

Auch wenn die Balance zwischen der klaren Diktion der Sopranistin Mi-Young Kim und den vibratoreicheren Stimmen ihrer Kolleginnen manchmal fehlt und die Streichertutti bei den Ritornellen recht unruhig geraten – die offen zutage tretende Fragilität der Kompositionen ist diesen Preis wert.

Erst recht die vor Lebensenergie nur so berstende Todessehnsucht in Monteverdis „Lasciatemi morire“, dem Klagegesang der Arianna auf Naxos, zu schweigen von der einträchtigen Trauer im seufzerdurchsetzten Klagechor „With drooping wings“ aus Purcells „Dido und Aeneas“. Ach, Weinen tut gut.

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