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Zum Tod von Ursula Voss: Die Theaterfrau

Gert Voss nannte sie seine "Kopilotin". Jetzt ist die große Dramaturgin Ursula Voss, nur wenige Monate nach ihrem Ehemann, gestorben.

Zuletzt war sie vor vier Wochen in Berlin. Am ersten November-Sonntag wurde im überfüllten Foyer des Berliner Ensembles der von Ursula Voss herausgegebene und von der Berliner Akademie der Künste verlegte Band „Gert Voss auf der Bühne“ vorgestellt. Ein textreiches, bildprächtiges Erinnerungsbuch für den am 13. Juli so überraschend in Wien gestorbenen Schauspieler, der zugleich Ursula Voss’ Ehemann seit 45 Jahren war. Und nun, kaum viereinhalb Monate später, ist sie ihm nachgefolgt. In der Nacht zum vergangenen Sonntag starb Ursula Voss in einem Wiener Krankenhaus an den Folgen eines Gehirnschlags. Nicht nur das Wiener Burgtheater und seine neue, dem Paar Gert und Ursula Voss freundschaftlich verbundene Direktorin Karin Bergmann trauern um sie.

Ursula Voss, die über szenische Collagen der europäischen Theateravantgarde vor und nach dem Ersten Weltkrieg promoviert hatte, war eine ebenso kluge, weithin gebildete wie überaus warmherzige Frau. Am Burgtheater hatte sie ab 1987 immer wieder als Produktionsdramaturgin für Inszenierungen von George Tabori, Claus Peymann, Thomas Langhoff oder André Heller gearbeitet. Und bei Tabori war sie auch mehrere Jahre Hausdramaturgin an dessen Wiener Theater „Der Kreis“.

Die 1947 am Bodensee geborene Theaterfrau hatte ihren sechs Jahre älteren Mann bereits während dessen erstem Engagement 1965 in Konstanz noch als Gymnasiastin kennengelernt. Die Tochter einer Krankenschwester und eines Piloten wurde von Gert Voss immer als seine „Kopilotin“ bezeichnet. Ohne sie konnte und wollte er „nicht fliegen“ und, so sagte er manchmal zu Freunden, auch nicht leben. Ursula Voss war die Mutter der gemeinsamen Tochter Grischka, die heute mit ihrem Mann eine renommierte Wiener Kleinbühne, das Bernhard-Ensemble, leitet – und sie war die Muse und engste Beraterin für den genialen Schauspielkünstler. Wenn Voss gelegentlich selber inszenierte, beispielsweise Genets „Zofen“ (mit ihm und Ignaz Kirchner) oder sein Solo als Krapp in Becketts „Letztem Band“, dann war Uschi, wie sie für alle in der Theaterszene hieß, zugleich die Koregisseurin. Mit dem genauen Blick von innen und außen. Noch vor neun Tagen, als ihr Buch auch im Wiener Akademietheater präsentiert wurde, hatten sie alle dort erwartet, doch kurz davor musste sie ins Krankenhaus. André Heller sagte dann auf der Bühne: „Uschi und Gert waren ein halbes Jahrhundert ein ungeheuer produktives Künstlerpaar, zwischen das kein Blatt Papier passte. So etwas wird es bei einem bisserl Pech nie wieder geben.“

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