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McCoy Tyner auf dem Skopje Jazz Festival im Jahr 2004.

© Robert Atanasovski/AFP

Zum Tod von McCoy Tyner: Der Trommler an den Tasten

„Leben und Musik sind ein und dasselbe“: Mit dem John-Coltrane-Quartett prägte er den Jazz – nun ist der legendäre Pianist McCoy Tyner gestorben. Ein Nachruf.

Die wenigsten Musikergrößen können wohl von sich behaupten, dass ihre Karriere in einem Schönheitssalon begann. Die Mutter des US-Jazz-Pianisten McCoy Tyner aber bestand darauf, dass ihr Sohn sein erstes Piano an ihrer Arbeitsstelle in Philadelphia aufstellte. Sie war es auch, die ihn mit 13 Jahren drängte, Klavierunterricht zu nehmen. Da saß er dann zwischen den Kunden, die gerade ihre Haare gemacht bekamen und jammte.

Eines Tages blieb ein Mann vor dem Schaufenster stehen und lauschte seinem Spiel, betrat schließlich den Laden. Es war Bud Powell, der Begründer des modernen Jazzklavierspiels. Er lebte um die Ecke, war Tyners Idol. Heute gilt Tyner selbst als einer der einflussreichsten Jazz-Pianisten. Durch seine Arbeit mit dem John-Coltrane-Quartett wirkte er an der Innovation des Musikstils am Übergang zum Free Jazz mit. Wie seine Familie mitteilte, starb er nun mit 81 Jahren in New Jersey.

Tyner kam 1938 zur Welt. Mit Anfang 20 startete er seine Musikerkarriere mit Benny Golson und Art Farmer in der Formation The Jazztet. 1960, mit nur 21 Jahren, stieß er zum Coltrane-Quartett und war an legendären Platten wie „A Love Supreme“ und „My Favorite Things“ beteiligt. Er war der letzte noch Lebende der vier Musiker.

Eine der kräftigsten Hände in der Jazzgeschichte

Tyner selbst sagte, seine Rolle als Pianist im Quartett sei es stets gewesen, für Klangfülle zu sorgen. Er betrachtete das Klavier als Orchester, das für Dichte und Volltönigkeit sorgte. Sein Markenzeichen waren innovative Blockakkorde und der dynamische Anschlag. Seine linke Hand galt als eine der kräftigsten in der Jazzgeschichte. Die Perkussivität seines Spiels war vom Conga-Unterricht aus Teenager-Zeiten geprägt.

Auch als Solokünstler und in anderen Gruppen feierte er Erfolge, arbeitete mit Tina Turner und Jimmy Witherspoon. Mehrfach wurde er ausgezeichnet, darunter auch mit mehreren Grammys. Über die Jahrzehnte integrierte er eine Vielzahl von Stilen in sein Schaffen, von klassischer europäischer Musik, bis hin zu afrikanischen Rhythmen und arabischen Harmonien.

Ein beeindruckendes Œuvre

Tyner hinterlässt ein beeindruckendes Œuvre: Neben dutzenden Alben, die er unter eigenem Namen veröffentlichte, soll er zwischen 1959 und 2007 an 273 Aufnahmesessions beteiligt gewesen sein. Das legendäre Plattenlabel Blue Note Records würdigte ihn nach seinem Tod als einen „der Größten aller Zeiten“.

Tyners Klavierspiel und seine Kompositionen haben den modernen Jazz maßgeblich beeinflusst, sein Stil prägte das Werk von Pianisten wie Henry Butler, John Hicks, Hal Galper oder Joanne Brackeen. Trotzdem weigerte er sich stets, mit theoretisierendem Vokabular und analytischem Ansatz über seine Arbeit zu sprechen. Er neigte eher dazu, die Reife seiner Musik mit seinem Grad an Lebenserfahrung gleichzusetzen. „Für mich“, sagte McCoy Tyner einmal, „sind Leben und Musik ein und dasselbe.“ (mit AFP)

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