zum Hauptinhalt
Porträt von Hans Barlach

© Andreas Arnold / dpa

Zum Tod von Hans Barlach: Der Hasardeur

Hans Barlach war ein Zocker, der oft im Zwielicht agierte. Der Kampf mit dem Suhrkamp Verlag hatten seinen Preis. Nachruf auf einen kuriosen Gesellen.

Von Gregor Dotzauer

Für Peter Handke war er schlicht „ein Unhold“, ja ein „Abgrundböser“. Die Rolle, die Hans Barlach im Streit um seine Beteiligung am Suhrkamp Verlag zugewiesen wurde, stand in den Augen der Öffentlichkeit unverbrüchlich fest. Bis zu seinem letzten, im Dezember 2014 abgewiesenen Versuch, die Umwandlung des insolventen Unternehmens in eine Aktiengesellschaft per Verfassungsbeschwerde aufzuhalten, galt er als kulturloser Geselle, der in seiner auf 39 Prozent Anteile an der bisherigen Kommanditgesellschaft beruhenden Machtgier lieber eine literarische Institution zuschanden geritten hätte, als gegenüber seiner Erzfeindin Ulla Unseld-Berkéwicz ein Jota nachzugeben.

Die manichäische Konstellation, in die sich beide Seiten hineinmanövrierten und ihn zum dämonischen Schurken stempelte, dürfte indes in sehr viel mehr Grauzonen abgesiedelt gewesen sein, als man wahrhaben will, wie er überhaupt eher das unstete Leben eines Zockers führte, als das eines finsteren Eroberers.

Hans Barlach agiert oft im Zwielicht

Hans Barlach, der, wie seine Familie mitteilt, nun mit 59 Jahren überraschend einer Lungenentzündung erlag, agierte oft im Zwielicht. Die geschäftliche Liaison mit dem rätselhaften, 2010 von eigener Hand gestorbenen Hamburger Philanthropen Claus Grossner, mit dem er 2006 zunächst 29 Prozent der Suhrkamp-Anteile übernahm, bevor drei Jahre später durch Joachim Unselds Ausstieg weitere zehn Prozent dazukamen, war dabei nur eine von vielen undurchsichtigen Partnerschaften.

Am 31. August 1955 in Ratzeburg geboren, war er der jüngste Enkel des Bildhauers Ernst Barlach – und einer von zwei Söhnen von Nikolaus Barlach, des Alleinerben und einzigen Kindes des Künstlers. Das Schulinternat in Sankt Peter-Ording brach er 17-jährig vorzeitig ab, um sich zum chemotechnischen Assistenten ausbilden zu lassen, bevor er 1977 in Hamburg-Eppendorf die Verwaltung des Nachlasses von Ernst Barlach übernahm. Er gründete in den Folgejahren zwei eigene Galerien und initiierte 1984 in Räumen des Möbelhauses Bornhold unter dem Projektnamen Kunstraum Hamburg einen privaten Zusammenschluss von Mäzenen, der Malerei von internationalem Rang an die Elbe bringen sollte. Mit einer Schau von Marino Marini nahm er den Betrieb auf.

Peu à peu kaufte sich Barlach in die "Hamburger Morgenpost" ein

Zugleich begann er, ein Auge auf die Medienbranche zu werfen. Seine Beteiligung an der „Hamburger Rundschau“, einer linksliberalen Wochenzeitung, verwandelte er 1998 in hundertprozentiges Eigentum, stellte das Blatt aber schon im Frühjahr 2000 ein. Er investierte in den KunstHof Berlin in der Oranienburger Straße und ein Blankeneser Hotel, kaufte sich von 1999 an peu à peu in die „Hamburger Morgenpost“ ein und erwarb sie 2004 mit einem Kredit des Münchner Magazin-Verlegers Heinz Bauer vollständig.

Schon zwei Jahre später aber veräußerte er das Boulevard-Blatt wieder, und zwar an ein unter dem Namen BV Deutsche Zeitungsholding antretenden Konsortium aus einer amerikanischen Private-Equity-Firma und der britischen Mecom Group unter dem Vorsitz des irischen Tycoons David Montgomery. Der übernahm damals auch die „Berliner Zeitung“ und installierte dort den in der Redaktion verhassten, von der „Hamburger Morgenpost“ geholten Chefredakteur Josef Depenbrock, der zugleich als Geschäftsführer fungieren sollte. Ihn wollte Barlach noch 2012 in die Geschäftsführung von Suhrkamp holen. Nicht minder kurios ist der Deal, in dem er 2004 die Programmzeitschrift „TV Today“ für 15 Millionen Euro von Gruner + Jahr kaufte. Ein Jahr später landete sie bei Burda in München, seinem Kreditgeber.

Neun Jahre bei Suhrkamp waren ein seltener Fall von Ausdauer

Barlachs Geschäfte mögen ein gewisses ökonomisches Geschick erkennen lassen – von inhaltlichen Interessen zeugen sie nicht und schon gar nicht von langem Atem. Die neun Jahre mit Suhrkamp waren in diesem Sinn ein seltener Fall von Ausdauer – beziehungsweise einer Beharrlichkeit, die offenbar ihren eigenen Preis hatte.

Zur Startseite