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Der britische Regisseur Michael Apted 2002 bei den Dreharbeiten zu "Genug – Jeder hat eine Grenze".

© imago images/Mary Evans

Zum Tod von Bond-Regisseur Michael Apted: Das Kino ist nicht genug

Der britische Regisseur Michael Apted verhalf Sissy Spacek und Jodie Foster zum Oscar. In Erinnerung bleibt sein Gerechtigkeitssinn.

Von Andreas Busche

Man kommt als britischer Regisseur in Hollywood wohl nicht drumherum, ein Mal den berühmtesten Geheimagenten im Dienste Ihrer Majestät um den Globus zu jagen. Aber es ist kaum verwunderlich, dass die Jetset-Welten, in denen sich ein James Bond bewegt, wenig mit Michael Apteds Interessen als Filmemacher zu tun hatten.

Wohl auch darum hat „Die Welt ist nicht genug“, der dritte Film mit Pierce Brosnan, selbst in den Herzen der treuesten Bond-Fans keinen besonderen Platz gefunden – außer vielleicht wegen des Comebacks von Sophie Marceau.

In Erinnerung bleiben wird Apted, der bereits am Donnerstag nur wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag in Los Angeles starb, für Filme, die realen Personen gewidmet waren. In „Gorillas im Nebel“ (1988) verfilmte er das Leben der Menschenaffenforscherin Dian Fossey, „Nashville Lady“, mit dem er acht Jahre zuvor sein Hollywood-Debüt gegeben hatte, erzählt die Lebensgeschichte der Country-Sängerin Loretta Lynn.

Der Originaltitel „The Coalminer’s Daughter“ verrät, was den Filmemacher, der sich in den späten Siebzigern gegen den Abbau von Gewerkschaftsrechten und Sozialstaat durch die Thatcher-Regierung gestellt hatte, an Lynns Biografie am meisten interessierte. „Es steckt immer noch der Dokumentarfilmer in mir“, erzählte Apted vor zwei Jahren in einem Interview zum jüngsten Film seiner Langzeitstudie „Seven Up!“ über die britische Klassengesellschaft, die unter anderem den amerikanischen Peabody Award gewann.

Weibliche Figuren waren für ihn interessanter

Apted war ein unscheinbarer Regisseur, aber einer, der seine Hauptdarstellerinnen zum Strahlen bringen konnte: Sissy Spacek („Nashville Lady“) und Jodie Foster („Nell“ von 1994) wurden in seinen Filmen mit dem Oscar ausgezeichnet, Sigourney Weaver erhielt für ihre Darstellung von Dian Fossey eine Nominierung.

Weibliche Figuren seien für ihn dramatisch einfach interessanter, hat er mal gesagt. Für Gleichberechtigung kämpfte er auch als Präsident der „Director’s Guild of America“, der er zwischen 2003 und 2009 vorstand: In seiner Amtszeit stieg der Anteil von Regisseurinnen im Verband auf 50 Prozent.

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Apted wurde 1941 in eine Mittelklassefamilie am östlichen Stadtrand von London geboren. Er besuchte die Universität von Cambridge, wo er bald der Theaterklasse beitrat. Hier spielte er auch im Football-Team mit den späteren Regisseuren Stephen Frears und Mike Newell sowie John Cleese. Cambridge, so Apted, war in den Sechzigern die Keimzelle der britischen Unterhaltungsindustrie.

Vom Fernsehen nach Hollywood

In seinen Zwanzigern arbeitete Apted bereits für den Regionalsender Granada TV, sein erster Job bestand darin, für einen geplanten Dokumentarfilm 14 Jugendliche zu finden, die eine Crew im Alltag begleiten würde.

Als klar wurde, dass der Film zu dem Langzeitprojekt „Seven Up!“ anwachsen sollte, das alle sieben Jahre zu den Protagonistinnen und Protagonisten zurückkehrt, verpflichtete sich Apted zu dem Unterfangen. Er hielt sein Versprechen. Seit dem zweiten Teil „Plus Seven Up!“ (1970) hat er bei allen acht Folgefilmen selbst Regie geführt. Für ihn persönlich sei das fast sechs Jahrzehnte umfassende Projekt das wichtigste, was er in seiner Karriere gemacht hat, hatte er noch kürzlich erklärt.

Der erste „Up!“-Film stellte Mitte der sechziger Jahre, zusammen mit Ken Loachs BBC-Drama „Cathy Come Home“ die Anfänge eines neuen Sozialrealismus im britischen Fernsehen dar. Er hat seine bescheidenen Anfänge nie vergessen.

Ihn interessierte die Arbeit mit Menschen

Apted ist ein „Schauspielerregisseur“ geblieben, ein Autorenfilmer wollte er nie sein: Er hat immer die Drehbücher anderer verfilmt. Ihn hat zuerst das Thema interessiert – und die Arbeit mit Menschen. Dafür, und für seinen Gerechtigkeitssinn als Präsident der Regie-Gewerkschaft, wurde Apted auch von seinen Kollegen geschätzt.

Sein Klassenbewusstsein, das eines der lebendigsten britischen Gesellschaftsporträts hervorbrachte, half ihm auch in Hollywood. Mit „Halbblut“ thematisierte er 1992 den Mord an einem Sioux im verarmten „Pine Ridge“-Reservat in den siebziger Jahren – und setzte sich dafür ein, dass Angehörige der amerikanischen Ureinwohner in die Dreharbeiten eingebunden waren.

Gleichzeitig drehte er einen Dokumentarfilm über den realen Fall. „Damals habe ich die Stärken und die Schwächen des Dokumentarfilms, die Stärken und Schwächen des geschrieben Skripts zum ersten Mal verstanden“, erzählte er Jahre später. Michael Apted hat in seinen Arbeiten aus beidem das Beste herausgeholt.

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