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Ein Keramik-Schwein im "M(a)useums", das zu Ehren des Cartoonisten Uli Stein eröffnet wurde.

© Holger Hollemann/dpa

Zum Tod des Cartoonisten Uli Stein: Seine allerletzte Pointe

Er mochte Tiere lieber als Menschen. Und doch erreichte Uli Stein mit seinem Humor Millionen. Zum Tod des wohl bekanntesten Cartoonisten Deutschlands.

Fast liest es sich wie die letzte Pointe eines Künstlers, der für seinen tiefschwarzen Humor verehrt wurde. Am vergangenen Sonntag erschien auf der Homepage von Uli Stein eine Nachricht: „Leider gibt es aktuell Computer-Probleme. Mache mal ein paar Tage Urlaub. Bis bald“. Zu diesem Zeitpunkt war der Cartoonist bereits tot.

Der international bekannte Zeichner, der mit richtigem Namen Ulrich Steinfurth hieß, sei bereits in der Nacht zum Samstag im Alter von 73 Jahren in seinem Haus in der Wedemark bei Hannover gestorben. Das bestätigte der Vorstand der „Uli Stein-Stiftung für Tiere in Not“ am Freitag. Wie die Organisation auch mitteilte, litt der Cartoonist an Parkinson – trotzdem sei sein Tod für das persönliche Umfeld überraschend gewesen. Auf eigenen Wunsch wurde Stein bereits im engsten Freundeskreis in Hannover beigesetzt. Er hinterlässt keine Familienangehörigen.

Wie präsent Uli Stein hierzulande war, zeigt sich an einem kuriosen Rechenbeispiel: Statistisch gesehen besitzt jeder Deutsche mindestens ein Uli-Stein-Produkt mit seinen markanten kartoffelnasigen Charakteren. Neben Erwin und Martha, dem Menschenpaar mit den Spiegeleieraugen, waren es vor allem seine unverwechselbaren Mäuse, Pinguine, Hunde und Katzen, die den Künstler weltweit bekannt gemacht haben. Mit tierischer Hilfe verfremdete er die Fallstricke des Alltags – von Ehe-Kleinkriegen bis hin zu Handwerker-Malheuren. Es war wohl auch der hohe Wiedererkennungswert solcher Szenen, der ihn so populär machte.

An jeder Tankstelle findet man heute seine Zeichnungen

Stein wurde am 26. Dezember 1946 in Hannover geboren. Er studierte an der Freien Universität Berlin Deutsch, Geografie und Biologie auf Lehramt. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er bereits parallel als freier Fotograf und Texter für Zeitungen. Kurz vor dem Examen brach er sein Studium ab – um hauptberuflich seinen Wunschberuf als Journalist auszuüben. Seit Ende der 1970er Jahre konzentrierte er sich dann aber vollends auf das Zeichnen. Und das obwohl er einmal gestand: „Mein Problem war, ich konnte nicht zeichnen. Anfangs habe ich Comics nur mit Köpfen und viel Text gezeichnet, später habe ich mich an die weiteren Proportionen rangetraut“.

Uli Stein, deutscher Cartoonist und Fotograf, bei einem Interview.
Uli Stein, deutscher Cartoonist und Fotograf, bei einem Interview.

© Holger Hollemann/dpa

Seit 1982 veröffentlichte er Postkarten, 1984 folgten die ersten Bücher. Es war der Beginn einer steilen Karriere, in deren Verlauf er sich auf Abermillionen von Produkten verewigte. An jeder Tankstelle findet man heute seine Lizenzartikel, vom Schlüsselanhänger bis zur Kaffeetasse. Seine Cartoons erschienen europaweit in mehr als 100 Zeitschriften und Magazinen. Selbst in China und Südkorea begegnet man seinen Zeichnungen.

Trotz der Reichweite, wollte er in seinem Schaffen nie politisch sein. Auch wenn er bei seinen humoristischen Grenzgängen das nicht immer vermeiden konnte: In einem Cartoon zum Bundestagswahlkampf 2005 erwidert eine Frau auf die Ankündigung ihrer Freundin, am Sonntag erneut die SPD zu wählen: „Ich hab Krebs – mir ist die Zukunft genauso egal!“ Der CDU-Verband Langenhagen veröffentlichte die Zeichnung damals, zog sie nach einem medialen Aufschrei aber umgehend wieder zurück und musste sich entschuldigen.

Der Tod war in seinen Cartoons präsent

Stein war sich nicht zu schade, einzuräumen, dass sein Humor an dieser Stelle „grenzwertig“ gewesen sei. Die eigentliche Motivation seines Schaffens umriss er mit wenigen Worten: „Ich möchte den Leuten Spaß machen, sie unterhalten und ihnen schöne Momente geben in trüben Zeiten oder auch in guten Zeiten“.

Uli Stein vor der Galerie "Cartoonfabrik" in Berlin.
Uli Stein vor der Galerie "Cartoonfabrik" in Berlin.

© Stephanie Pilick/dpa

Neben dem Zeichnen pflegte er in den vergangenen Jahren vor allem das Fotografieren. Hunde hatten es ihm als Motiv angetan. „Ich mag Tiere lieber als Menschen“, stellte Stein einmal trocken fest. Und Tiere standen nicht nur beim Zeichnen und in seinen Fotografien im Fokus. Vor zwei Jahren gründete der Cartoonist die „Uli Stein-Stiftung für Tiere in Not“. Sie unterstützt Organisationen, die sich für Tierschutz einsetzen.

Die Auseinandersetzung mit dem Tod ist in vielen Cartoons Steins präsent. In einer Zeichnung steht ein Mann mit einem Strick um den Hals auf einem Hocker und sagt ins Telefon: „Du, ich muss jetzt Schluss machen!“. In einer anderen Szene steht ein Mensch am Bedienfeld eines Aufzugs und fragt den hinter ihm einsteigenden Sensenmann, wohin dieser denn wolle. Der antwortet: „Da, wo sie hin wollen“.

Der Cartoonist Ralph Ruthe würdigte Stein noch am Freitag in sozialen Netzwerken. Dieser sei ein Auslöser dafür gewesen sei, dass er mit dem Zeichnen angefangen habe. Unter seine Worte stellte Ruthe den berühmten Pinguin von Uli Stein. Er hält dem herannahenden Sensenmann ein Protestschild vor die Nase auf dem in großen Lettern steht: „Dagegen!“ mit dpa

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