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Heimisch in der Musik. Ursula Mamlok im Jahr 2007.

© Doris Spiekermann-Klaas

Zum Tod der Komponistin Ursula Mamlok: Kurz und Klang

Heimat fand sie nirgends, schon gar nicht in Berlin: Nun ist die Komponistin Ursula Mamlok gestorben.

„Breezes“ für Klarinette, Streichtrio und Klavier ist die letzte Komposition von Ursula Mamlok, 2015 in Berlin uraufgeführt. Das „luftige Ensemblestück“ (Mamlok) zeigt die für ihr Werk typische lakonische Kürze, mit der sich aus einem fünf Mal hingetupften, durch die Instrumente geschickten Ton eine melodische Struktur entfaltet. Leichtigkeit kennzeichnet ihr Komponieren, das doch „immer schwerer“ wurde, „je länger man sich damit beschäftigt“, wie sie nicht ohne Augenzwinkern bekannte. Wer Mamlok traf, war entzückt von ihrem Charme, der Unermüdlichkeit auch im Alter, mit der sie ihrer konzentrierten Arbeit, aber auch Geselligkeit und Kunstgenuss nachging – und wenn man sie, die nach mehreren Stürzen gehbehindert war, die Treppen hochtrug.

Die „unbezähmbare Lebensfreude“, die Heinz Holliger auch im ihm gewidmeten Oboenkonzert entdeckte, gepaart mit Zielstrebigkeit, brachte Mamlok durch dunkelste Zeiten. Als 16-Jährige musste die gebürtige Berliner Jüdin Nazideutschland verlassen, kam über Ecuador nach New York, wo sie nach Studien bei Stefan Wolpe, Roger Sessions und Ralph Shapey zu ihrer dezidiert modernen, klangsensiblen und formbewussten Tonsprache fand. Wenn sie auch außermusikalische Einflüsse auf ihr Werk bestritt, so reflektiert etwa ihr Liederzyklus „Der Andreasgarten“ die Schönheit und Bedrohung des kalifornischen Erdbebengebiets, wo sie zeitweise lebte. Heimat fand sie nirgends, schon gar nicht in Berlin, wohin sie verwitwet nach 65 Jahren New York zurückkehrte. Dennoch fand sie hier späte Anerkennung und schuf ein reiches kammermusikalisches Werk. Am Mittwoch ist Ursula Mamlok 93-jährig gestorben. Ihre Musik, in der sie sich allein heimisch fühlte, bleibt bei uns.

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