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Das Stillleben "Geschenke" entstand 2018

© Galerie / VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Zum 70. Geburtstag der Malerin Feodora Hohenlohe: Im Wesentlichen

Die Berliner Malerin Feodora Hohenlohe feiert ihren 70. Geburtstag und zeigt Bilder in der Galerie Friedmann-Hahn.

Neulich hat ihr Nachbar wieder etwas vorbeigebracht. Ein Ding in Form einer alten Pagode aus Porzellan, mit Kabel und Stecker, um es von innen zu beleuchten. Der Nachbar von Feodora Hohenlohe ist Antiquitätenhändler und die Pagode sicher eine Preziose – und trotzdem ziemlich skurril.

Noch steht sie bei Hohenlohe auf einer Kommode, das Kabel lässt die Berliner Künstlerin zögern: zu lang, um es komplett zu malen. Der Stecker aber soll unbedingt mit auf das Bild. Kein Problem, denkt man. Dann kürzt sie sich dieses Detail in ihrer Fantasie halt zurecht. Doch das ist gar nicht so einfach. Feodora Hohenlohe pflegt zwar keinen strengen Verismus, die Umgebung wird alles andere als fotografisch genau gescannt. Dennoch spielt das Reale für ihre Malerei eine wichtige Rolle. Was immer auf der Leinwand sichtbar wird, das gibt es auch.

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Ihre Kunst ist ein Abgleich mit der Wirklichkeit. Ein Dialog seit Dekaden. Im Werk der Künstlerin, die 1997 von München nach Berlin zog und heute ihren 70. Geburtstag feiert, gibt es reife Bananen, Blumenvasen, Schuhe von Thomas Bernhard, Pflaumenzweige oder eine blühende Strauchpeonie – stets wiedererkennbar und im adäquaten Format. Das gehört zu Hohenlohes Prinzipien: Nichts wird monumentalisiert, nichts verkleinert. Egal, ob sie nun Johannisbeeren oder zwei Büroklammern in Nahsicht malt, immer nehmen die realen Dimensionen des Objekts Einfluss auf die Größe der Leinwand. Solche Gemälde messen dann wenige Zentimeter. Andere wie „Willkommen und Abschied“ aus dem vergangenen Jahr, das sich altmeisterlich in den Falten weißer Bettwäsche verliert, können dagegen bis auf einen Meter wachsen.

Die Berliner Malerin Feodora Hohenlohe
Die Berliner Malerin Feodora Hohenlohe

© Lars Pillmann

Ebenso selbstverständlich ist, dass sie ausschließlich in ihrem Berliner Atelier malt. Es sei denn, Feodora Hohenlohe befindet sich an ihrem zweiten Standort auf Schloss Ippenburg, wo sie sich schon vor Jahrzehnten eingemietet hat. Die Staffelei irgendwo aufzubauen oder sich fotografierend an malwürdige Momente aus der Natur zu erinnern? Undenkbar. Lieber nimmt sie einen Zweig mit nach Hause oder überzeugte Bernhards Nachlassverwalter, ihr die Schuhe des österreichischen Dauergrantlers für eine Weile zu überlassen.

[Galerie Friedmann-Hahn, Wielandstr. 14; geöffnet heute von 12–16 Uhr]

Das Studio in Schöneberg ist zugleich Hohenlohes Wohnung. Ihr größtes Zimmer beherbergt alle notwendigen Utensilien: unzählige feine Pinsel in einem Glas und ein paar Podeste, aus denen die Malerin verblüffend schnell und mithilfe farbiger Stoffe kleine Bühnen baut. „Morgens gehe ich als Erstes – manchmal noch im Nachthemd – ins Atelier, um zu sehen, in welchem Zustand sich das Bild zeigt, an dem ich gerade arbeite“, verriet sie vor längerem in einem Interview. „Ich prüfe, ob die Farben trocken, halbtrocken oder vielleicht noch offen sind. Danach ist der Vormittag bei mir meist den völlig alltäglichen Dingen gewidmet.“

Gerade ist ein dicker Katalog erschienen

Das Ateliergespräch mit Fanny von dem Bussche findet sich im Katalog, den Feodora Hohenlohe zum Jubiläum herausgebracht hat. „Bilderbuch“ nennt sie die Dokumentation ihres bisherigen Lebenswerks, vorwiegend Stillleben. Daneben entdeckt man Porträts aus Privatsammlungen und sogar Haustiere. Aufträge, die zeigen, dass ihre Kunst viele Freunde hat. Was essenziell ist, weil Hohenlohe trotz ihrer aristokratischen Herkunft von der Kunst lebt. Selbst wenn sie sich jenseits malerischen Moden bewegt und nicht alle mit ihrem Realismus etwas anfangen können. Hohenlohe besetzt einen Ort: präzise in ihren Vorlieben und unbeirrbar wie die befreundeten Maler Klaus Fußmann oder der 2017 verstorbene Johannes Grützke. Von ihm hängt ein kleines Bild im Atelier, ansonsten umgibt sich die Künstlerin vorwiegend mit dem eigenen malerischen Ertrag der vergangenen Jahre.

Ein Teil befindet sich aktuell in der Galerie Friedmann-Hahn. Es ist die erste Soloschau dort, aus Anlass ihres Geburtstags. Und selbst im öffentlichen Raum der Galerie vermittelt sich das Charakteristische der stillen, auf ein Objekt oder sparsame Arrangements konzentrierten Motive. Das alltägliche Objekt tritt hervor, steigert seine Präsenz und wirkt plötzlich kostbar. Selbst wenn es sich um Tulpen handelt, die den Zenit ihrer Blüte bereits überschritten haben.

Hinter der Welt illusionistischer Gegenstände scheint sich ein zweiter Horizont zu öffnen. Hier destilliert sich aus reiner Schönheit und tiefer Stille etwas Symbolhaftes, die Zeit Überdauerndes.

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