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Werkgetreu. Zubin Mehta in der Berliner Philharmonie.

© Monika Ritterhaus

Zubin Mehta dirigiert Philharmoniker: Klangkraft-Eruptionen bis zur Schmerzgrenze

Der indische Dirigent Zubin Mehta und die Berliner Philharmoniker spielen Anton Bruckners achte Sinfonie.

Jedes Konzert mit Anton Bruckners achter Sinfonie ist ein überwältigendes Erlebnis: 87 Minuten Aufführungsdauer, maximale Orchesterbesetzung, Klangkraft-Eruptionen bis zur Schmerzgrenze. Wie ein riesiger, schwalbenschwänziger Vogelschwarm wirken die Berliner Philharmoniker am Mittwoch, einschüchternd in ihrer massiven, kollektiven Bewegung. Allein die Flugrichtung will sich zunächst nicht recht erschließen.

Der 83-jährige Zubin Mehta lässt mit altmeisterlich reduzierter Gestik eine Musik entstehen, die in Sachen Lautstärke deutlich ausdifferenziert ist, aber nicht anzeigt, ob er interpretatorisch eher zum Gotteslob tendiert oder zum Weltschmerz, zur Naturfeier oder gar zur Vorahnung der Apokalypse. Das alles nämlich steckt in diesem Opus magnum.

Mehta jedoch wählt keine der Optionen. Er lässt die ihm hingebungsvoll zuspielenden Philharmoniker scheinbar ziellos umherstreifen, verweigert sich emotionaler Eindeutigkeit, ja mag noch nicht einmal die elektrisierenden Energien freilassen, die im Scherzo stecken.

Erst in der weiten Ebene des dritten, des langsamen Satzes wird klar, worauf der Maestro hinaus will, wenn er mit weitem Atem und gedehntem Zeitgefühl eine Faszination des Flächigen entwickelt.

Mehtas Ziel an diesem Abend ist offenbar ein objektives Musizieren. Da lebt, liebt, leidet kein Individuum, da geht es nicht um den Menschen Anton B. Da gibt es nur die tönend bewegte Form, die pure Partitur. Was zweifellos ein legitimer Ansatz ist. Natürlich muss nicht jedes Werk aus dem Seelenleben seines Schöpfers heraus gedeutet werden – es ist halt nur sehr viel spannender.

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