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Einer für alle. Die vier Gewinner (l. nach r.): Tai Shani, Lawrence Abu Hamdan, Helen Cammock und Oscar Murillo.

© Gareth Fuller/dpa

Zeichen gegen Wettbewerbsdenken: Turner-Preis geht an alle vier nominierten Künstler

Die Nominierten des wichtigen britischen Kunstpreises schlossen sich aus Protest zum Kollektiv zusammen. Am Ende gewannen alle.

Der renommierte Turner-Preis geht in diesem Jahr erstmals an alle vier nominierten Künstler.

Ausgezeichnet wurden Helen Cammock, Tai Shani, Lawrence Abu Hamdan und Oscar Murillo.

Die zwei Frauen und zwei Männer hatten die Jury in einem Brief darum gebeten, den Preis teilen zu dürfen, als Statement der „Gemeinsamkeit, Vielfalt und Solidarität in einer Zeit der politischen Krise“. Sie wollten damit nach eigenen Angaben ein Zeichen setzen „in einer Ära, die vom Aufstieg der Rechten und von der Erneuerung des Faschismus geprägt“ sei.

Mit ihrer Bitte hätten die Nominierten der Jury eine Menge zu denken gegeben, sagte deren Vorsitzender und Direktor der Tate Britain, Alex Farquharson, bei der Verleihung am Dienstag im englischen Margate. Aber es sei „sehr im Geiste des Werkes dieser Künstler, Konventionen herauszufordern, polarisierten Weltsichten zu widerstehen und andere Stimmen zu vertreten“.

Ihr Werk sei „inkompatibel mit dem Wettbewerb-Format, dessen Tendenz es sei, zu spalten und zu individualisieren“, teilten die Künstler in einer gemeinsamen Erklärung mit, die von Cammock verlesen wurde. Die Britin war für einen Film über die Rolle von Frauen zu Beginn des Nordirland-Konflikts nominiert.

Feministische Fantasiewelten und syrische Foltergefängnisse

Als Favorit hatte der kolumbianisch-britische Künstler Oscar Murillo gegolten mit seiner Installationen von lebensgroßen menschlichen Figuren, die wie eine Kirchengemeinde vor einem teils verhangenen Fenster mit Ausblick auf das Meer auf Bänken gruppiert sind.

Der im Libanon lebende Lawrence Abu Hamdan hatte mit Soundeffekten die Erinnerungen ehemaliger Häftlinge an die Geräusche in einem syrischen Foltergefängnisses auf verschiedene Weise verarbeitet.

Die britische Künstlerin Tai Shani schuf mit ihrer Installation eine in grellen Farben gestaltete feministische Fantasiewelt mit dem Titel „Beyond patriarchal limits“ (Jenseits patriarchalischer Grenzen).

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Der Turner-Preis ist die wichtigste britische Auszeichnung für moderne Kunst. Er ist nach dem englischen Maler William Turner (1775-1851) benannt und wird seit 1984 vergeben. Er ist mit insgesamt 40 000 Pfund (knapp 47 000 Euro) dotiert, das Preisgeld teilen die vier Künstler nun unter sich auf. Die Vergabe der Auszeichnung wird von der Londoner Tate Gallery organisiert. Sie erfolgte in diesem Jahr erstmals in dem Küstenort Margate.

Im vergangenen Jahr ging der Preis an die britische Künstlerin Charlotte Prodger. Die 45-Jährige wurde für ihre teilweise mit dem iPhone aufgenommenen Kurzfilme „Bridgit“ und „Stoneymollan Trail“ ausgezeichnet. Unter den Preisträgern sind bislang erst zwei Deutsche: der Fotograf Wolfgang Tillmans (2000) und die Malerin Tomma Abts (2006). (dpa)

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