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Hat Bernstein noch live als Assistent erlebt. Der japanische Dirigent Yutaka Sado.

© Werner Kmetitsch

Yutaka Sado dirgiert das Konzerthausorchester: Chromblitzend

Zu Leonard Bernsteins 100. Geburtstag: Dirigent Yutaka Sado und das Konzerthausorchester führen drei Werke des genialen Interpreten und Komponisten auf.

Am Gendarmenmarkt haben sie jetzt schon einmal vorgefeiert. Eigentlich steht der 100. Geburtstag von Leonard Bernstein erst Ende August an, doch mit Yutaka Sado hatte das Konzerthausorchester einen Dirigenten zu Gast, der den legendären Lennie noch live erlebt hat, als Assistent in dessen letzten Lebensjahren. Mit gleich drei Werken erinnert der Japaner daran, dass Bernstein nicht nur ein genialer Interpret, sondern eben auch ein bemerkenswerter Komponist war.

Noch lässiger als seine Vorbilder George Gershwin und Aaron Copland vermochte er Populärmusik und hohe Kunst zu versöhnen. Wenn Bernstein die Symphonik des späten 19. Jahrhunderts auf Tanzmusik seiner Zeit treffen ließ, entstand ein ganz eigener, chromblitzender Sound.

Eine akustische Wärme erfüllt den Saal

Die Ausschnitte aus dem Musical „On the Town“ sind voller Wow-Effekte – und Yutaka Sado hat mit dem Konzerthausorchester so intensiv gearbeitet, dass sich die Musikerinnen und Musiker stilsicher auf diesem für sie ungewohnten Terrain bewegen. Angeführt von Solo-Klarinettist Ralf Forster zeigen sie, dass „Prelude, Fugue and Riffs“ genuin moderne Musik ist, virtuos in all seiner Dissonanz, gespickt mit tricky Rhythmuswechseln. Mit Spaß und Swing erobern sie sich auch das „Divertimento“, das Bernstein 1980 dem Boston Symphony Orchestra zur 100-Jahr-Feier schenkte. Die Sammlung musikalischer Vignetten endet im schmissigen „BSO forever“-Marsch – eine schöne Doppeldeutigkeit, denn dieselbe Abkürzung trug auch das Konzerthausorchester bis 2006, als es noch Berliner Sinfonie-Orchester hieß.

Eine ganz andere Facette seiner Dirigierkunst offenbart Yutaka Sado bei Edward Elgars E-Moll-Serenade und Rachmaninows „Paganini-Variationen“. Da pumpt er nicht Energie ins Orchester, sondern arbeitet äußerst feinfühlig. Edelste Streicherkultur ist bei Elgar zu erleben, eine akustische Wärme füllt den Saal, die so wohltuend wirkt, als wenn man – aus der Winterkälte kommend – ein Zimmer betritt, in dem ein Kaminfeuer lodert.

Völlig pathosfrei entfaltet sich auch Rachmaninow, weil Yutaka Sado alle Aufmerksamkeit darauf verwendet, den Orchesterpart so vielfarbig wie möglich funkeln zu lassen. Berückend, wie zart sich das langsame Thema in der Werkmitte unter den Fingern von Anika Vavic entfaltet. In den brillanten Passagen allerdings ordnet sich die Pianistin so selbstlos dem Gesamtklang unter, dass ihr Spiel immer wieder im sinfonischen Gewoge zu versinken droht.

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