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Dirigent Pedro Carneiro mit den Streichern des Jovem Orquestra Portuguesa

© Kai Bienert / Young Euro Classic

Young Euro Classic: Singe, wem Instrument gegeben

Die Musiker des Jovem Orchestra Portuguesa singen als Zugabe a-capella. Dirigent Pedro Carneiro

Der Zugabengag des britischen Youth Orchestra scheint Schule zu machen: Auch die Musikerinnen und Musiker des Jovem Orchestra Portuguesa verabschieden sich von ihrem begeisterten Publikum mit lupenreinem A-cappella-Gesang – diesmal mit dem Bach-Choral „Christ lag in Todesbanden.“ Der engagiert mitsingende Dirigent Pedro Carneiro hat auch instrumental die etwa 80-köpfige Formation fest im Griff, die er 2010 aus einem Kammerorchester mit zwanzig Streichern entwickelte. Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ wird unter seinen fordernd-animierenden Händen zum Prunkstück dieses Einstands bei Young Euro Classic, eine gelungene, flexible Mischung aus Entfesselung und Disziplin. Die geschwungenen Fagottlinien des Beginns wirken wie aus freier Improvisation geboren, wie ein naturhaftes Erwachen auch die weitere Entwicklung der Holzbläser, bis gnadenlos stampfende Rhythmen sie zerschlagen. Die rhythmische Schärfe entwickelt einen unwiderstehlichen Sog – Carneiro ist auch ein vor allem in Avantgardekreisen geschätzter Schlagzeuger. Rasselndes Becken, geheimnisvoll drohendes Tamtam, ebenso harte wie untergründig weiche Pauken – Farben am Rande des Geräuschs, die bis heute zur Modernität des Stückes beitragen.

Zum anderen liegt sie in den martialischen Dissonanzen, die zur Uraufführung 1913 einen Skandal hervorriefen und am Vorabend des Ersten Weltkriegs geradezu prophetisch wirken mussten. Aufrüttelnd und verstörend sind sie noch heute, bei den jungen Portugiesen getragen von prachtvollen Blechbläsern, unter denen sich ein erfreulich hoher Frauenanteil ausmachen lässt. Bläserklänge sind auch das Plus der einleitenden Uraufführung des 21-jährigen Pedro Lima Soares, bereits im Titel „Noch einmal. Ewiger Abschied“ ein Gegenbild zu Strawinskys ewig lebender blühender Natur, die durch den Tod des „Frühlingsopfers“ erkauft wird. Aparte Liegeklänge fächern sich allmählich in Repetitionen auf, deren Dynamik Näherkommen und Entfernung suggeriert.

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