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Virtuos und federleicht. Das International Tatarstan Youth Orchestra.

© Klassik

Young Euro Classic: Hüte dich vor dem Waldgeist

Orchester aus Tatarstan bei Young Euro Classic.

Wer schon einmal das Young Euro Classic Festival besucht hat, weiß, was ihn oder sie dort in der Regel erwartet: junge Musikerinnen und Musiker aus aller Welt, die große klassische Werke aufführen, und das meistens richtig gut. Das Konzert am Samstag bestätigt diesen Eindruck zwar, jedoch mit einer Besonderheit. Devid Striesow, Schauspieler und Pate des Abends, fasst es treffend zusammen: „Ich wusste ja, dass die hier jung sind. Aber so jung?“

Die jüngsten Mitglieder des im Konzerthaus auftretenden International Tatarstan Youth Orchestra sind nämlich gerade mal acht Jahre alt. Die Solistin elf. Da stellt man sich unweigerlich die Frage, was man selber in dem Alter so gemacht hat; Fußball gespielt vielleicht, im höchsten Fall den Vorlesewettbewerb der Schule gewonnen. Ganz sicher aber nicht auf der großen Bühne Mozart und Bach gespielt, als würde man das halt so machen. Mit acht Jahren.

Sichtbare Freude an der Musik

Nun ist dieser Aspekt zwar sicherlich besonders, man wird dem Orchester aus der autonomen russischen Republik Tatarstan jedoch nicht gerecht, wenn man es auf seine extreme Jugendlichkeit reduziert. Denn die Musikerinnen und Musiker spielen wirklich gut. Klar, nicht jeder Ton sitzt, manches ist recht holprig, aber die sichtbare Freude an der Musik entschädigt dafür, wie so oft bei diesem Festival.

Die erste Hälfte des Konzerts widmet das Orchester Werken mitteleuropäischer Prägung. Mozarts Symphonie Nr. 25 in g-Moll schrieb der Komponist, als er 17 war, ein Jahr älter als die Ältesten im tatarischen Orchester. Bei Bachs erstem Klavierkonzert übernimmt die elfjährige Alexandra Dovgan den Flügel. Und wie! Tief über die Tasten gebeugt spielt sie das nicht gerade einfache Stück virtuos und, noch bemerkenswerter, mit Charakter. Oft sehr zart, immer federleicht ist ihr Spiel.

Als Kontrast folgen Werke zweier tatarischer Komponisten. Hier scheint sich das Orchester noch wohler zu fühlen, auch Dirigent Mikhail Mosenkov geht richtig auf, begleitet die schwelgerische Musik Farid Yarullins mit dramatischen Gesten. Dieser vertonte in „Schurale“ ein Märchen um einen Waldgeist, der die bizarre Angewohnheit hat, Menschen zu Tode zu kitzeln. Rodion Shchedrins von vielfältigem Schlagwerk geprägte Carmen-Suite beschließt einen beeindruckenden, unterhaltsamen Abend.

Elias Pietsch

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