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Tanzbare Elegien aus Köln. Die Band Xul Zolar

© Robert Winter

Xul Zolar im Roten Salon: Melancholie der Afterhour

Reverenz an den Synthie-Pop der 80er: Die Kölner Band Xul Zolar stellt im Roten Salon der Volksbühne ihr Debütalbum „Fear Talk“ vor.

Etwas ist verloren gegangen. Eine Liebe, ein Mensch. Vielleicht sogar die Erinnerung. „The night won’t swallow your pain“, singt Ronald Röttel. „It’s the conclusion.“ Er blickt in die Leere, während irrlichternde Synthiekaskaden den Roten Salon der Volksbühne fluten. Bass und Drums wummern. Das junge Publikum tanzt, wenn auch mit unsicherem Schritt.

Die Kölner Band Xul Zolar war über die Jahre mehrfach in Berlin. Mit anderen Songs, in anderer Besetzung. Der Name schwirrte gelegentlich durch Musikmagazine. Eine EP gab’s, dann lange nichts. Nun haben die vier Mittzwanziger mit „Fear Talk“ ihr Debütalbum vorgelegt. Der Titel setzt die Segel für eine Expedition in eine herrlich ambivalente Klanglandschaft, die oberflächlich eine Reverenz an die 80er ist, Blütezeit des Synthie-Pop – in der Tiefe aber geradezu elliptisch. Ein Mosaik aus zersplitterten Soundfragmenten. Da ist Röttels gefühlvolle Stimme, die einen an das gebrochene Timbre von Talk-Talk-Sänger Mark Hollis erinnert. Seine Lyrics sind wie ein Flüstern hinter vorgehaltener Hand, emotionale Skizzen einer nicht enden wollenden Melancholie. Die Drums spielen sich von Jungle bis Electronica in die verschlungensten Rhythmen. Warme Synthieflächen, kalt-klirrende Gitarrenriffs. Der Bass erinnert an Funk und Dub.

Die Körper sanft hin und her wiegen

Die Band performt das in einer leicht variierten Setlist, ein paar alte Sachen sind dabei. Alles etwas unterkühlt. Die Soundtüfteleien des Albums, das Klackern, Knistern und Rauschen, fehlen auf der Bühne. Es klingt rauer, ein wenig unbeholfener. Dafür entdeckt man die unscheinbaren Songs. „Warnings“ beispielsweise, das hier in ein furioses Outro mit hallendem Tremolosolo mündet. Die Singles „Nye“ und „Soft Drones“ werden tanzbare Elegien. Nur verknotet sich die Beine, wer das Tanzen wirklich versucht. Man könnte es den Afterhoursound des Spätkapitalismus nennen. Wer weiß. Ist ja Sonntag. Vielleicht kommt der eine oder andere gerade aus dem Berghain. „Global warming is not your fault“, haucht Röttel im Intro zur flauschigen Disconummer „Cloth“ in den Saal. Die Party ist vorbei, jaja, aber die jungen Leute wollen weiterfeiern. Die Körper sanft hin und her wiegen. Noch ein bisschen träumen auf den Beats der Vergangenheit.

Giacomo Maihofer

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