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Florian Illies (links) und Wolfgang Joop auf der Tipi-Bühne.

© dpa

Wolfgang Joops Auftritt im Tipi am Kanzleramt: Potsdam, ich komm aus dir

Im Gespräch mit Verleger Florian Illies erzählt Stardesigner Wolfgang Joop Anekdoten aus seinem Leben. Bis er plötzlich aufspringt und verschwindet.

Es war einer dieser herrlichen Sommerabende: So schön, dass es fast schmerzt, weil das Gefühl des Abschiednehmens wächst, während die Sonne unaufhaltsam versinkt. Er konnte es nicht bis zuletzt aushalten, musste zurück ins Haus, erzählt Wolfgang Joop am Montag im Tipi am Kanzleramt. Drinnen hat er sich dann an den Schreibtisch gesetzt und angefangen,  Erinnerungen aufzuschreiben, natürlich handschriftlich.

Das war im Juli 2018. Ein Jahr lang war das Manuskript  sein ständiger  Begleiter, am Ende wurde ein fast 500 Seiten dicker Schmöker daraus. „Die einzig mögliche Zeit“ ist bei Kindler erscheinen, einem Verlag der Rowohlt Gruppe. Deren Verleger Florian Illies wiegt das Buch nun im Tipi auf seinen Knien – und schmeichelt seinem Autor-Star Stichworte zu.

Um den Potsdamer Ortsteil Bornstedt kreisen Joops Anekdoten zuerst. Nach der Idylle im Schatten von Park Sanssouci, nach dieser preußisch-arkadische Kulturlandschaft hatte er auch in seinen Weltenbummlerzeiten immer Sehnsucht. „Wer Niveau hat, lernt erst einmal zu ignorieren“, das ist eine der Weisheiten, die ihm sein Opa auf den Lebensweg mitgab. Jener Opa, aus dessen abgelegten Klamotten sich der Teenager Wolfgang die ersten Statement-Outfits zusammenstellte. Ein purer  Ästhet, ein Geschmackserzieher wollte er nie sein, betont  der neben Karl Lagerfeld und Jil Sander berühmteste deutsche Modemacher. Weil ihn eben stets auch das Gebrochene faszinierte. Andererseits fand er es offensichtlich ganz normal, mit dem Dauervisum, das er sich  für die Potsdam-Besuche organisierte, vom DDR-Gebiet mal eben in den Westen und zurück zu flitzen, wenn Tante Ulla sich wünschte: „Fahrt doch schnell ins KaDeWe und besorgt Champagner.“

Modedesigner erspüren Zeitströmungen besser als Politiker

Der Marke, die seinen Namen trägt, habe er ein Ausrufezeichen verpasst, wirft Florian Illies jetzt ein. Als Mensch aber sei er doch eher jemand, der Fragezeichen setzt. Ja, das stimmt, antwortet Joop. Aber er beharrt auch darauf: „Mode ist im Kern verantwortungslos“ Wohl aber kann sie, davon wiederum ist er überzeugt, Zeitströmungen feinnerviger erspüren als die Politik. Die Angst vor dem Ende des Hedonismus die sei bei den Fashionshows schon zur Jahrtausendwende zu spüren gewesen, nach dem Tod von Lady Di und Gianni Versace. Der Gesamtgesellschaft  werde erst jetzt klar, dass  etwas endgültig zu Ende gehe.

Über sein Scheitern mit der „Wunderkind“-Linie sagt Joop nichts, und auch die Story, wie er in den Achtzigern mal Meißner Porzellan designen sollte, reißt er nur an. Eben hat er noch das breite Sächsisch des Manufakturdirektors nachgeahmt, dann sagt er unvermittelt: „Ich kann nicht mehr“ – und verschwindet von der Bühne, auf der ein verdutzter Florian Illies alleine zurückbleibt

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