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Die Lehrerin. Isabelle Huppert in „Madame Hyde“ von Serge Bozon.

© Les Films Pelleas

Woche der Kritik: Eine Lehrerin zeigt es allen

Eine andere Seite von Isabelle Huppert: In Serge Bozons „Madame Hyde“ spielt sie eine Berufsschullehrerin im Banlieue.

Isabelle Huppert, Eiskönigin des französischen Films: So oft hat man sie in den letzten Jahren als dominante, gefühllose Giftschleuder gesehen, dass man fast vergessen hat, was für eine zierliche, fragil wirkende Person sie eigentlich ist. Vielleicht brauchte es einen Regisseur wie Serge Bozon, der auch als Schauspieler arbeitet, um mal wieder andere Seiten von Huppert hervorzukehren. In „Madame Hyde“ spielt sie eine Berufsschullehrerin in einer Banlieue. Ihre Schüler, vor allem Jungs mit arabisch-afrikanischem Migrationshintergrund, haben keinerlei Respekt vor dieser schüchternen Frau mit wenig pädagogischem Talent, die fast in ihrem eigenen Schatten zu verschwinden scheint. Besonders Malik hat es auf sie abgesehen, der körperbehinderte Außenseiter findet in ihr ein noch schwächeres Opfer. Doch eines Tages geschieht ein Unfall – und aus Madame Géquil wird „Madame Hyde“.

Bozon und seine Co-Drehbuchautorin Axelle Ropert spielen natürlich auf Robert Louis Stephensons vielfach verfilmten Roman „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ an – und führen zugleich verschmitzt in die Irre. Denn sie ändern nicht nur Ort und Zeit der Handlung und machen aus der Titelfigur eine Frau, sondern sie befreien die Geschichte auch vom freudianischen Ballast: Madame Hyde ist nicht das unterdrückte „Es“ von Madame Géquil, hier werden keine sexuellen oder antisozialen Triebe freigesetzt. Die Transformation macht aus ihr stattdessen eine Art Pädagogik-Superheldin – doch Superkräfte haben immer auch ihre Schattenseiten.

Pädagogik ohne Grenzen

Spätestens die fantastische Wendung macht klar: Mit Filmen wie „Die Saat der Gewalt“, „Dangerous Minds“ oder „Die Klasse“ hat „Madame Hyde“ nur die Ausgangssituation gemein. Bozons Film ist keine „inspirational tale“, keine Mut machende Geschichte einer Alltagsheldin, die eine Problemklasse bändigt, sondern ein ziemlich absurd-anarchistisches Kinovergnügen, das einen nie in Sicherheit wiegt. Romain Duris hat offensichtlich viel Spaß daran, den Schuldirektor als eitlen Gecken auf Lacher zu spielen, die Schüler dagegen vermitteln die Authentizität von Schauspiellaien – und Isabelle Huppert verstärkt die Komik vieler bizarrer Szenen durch größtmögliche Ausdruckslosigkeit. Aber so sehr sich Bozon über Genres, Hierarchien und französische Eigenheiten lustig macht, das Thema einer sozial gerechten Bildung nimmt er durchaus ernst. Und so darf Huppert, wie im klassischen Hollywood- Drama, am Ende sogar ein großes humanistisches Plädoyer für eine Pädagogik ohne Grenzen halten.

25.2., 19.15 Uhr (Hackesche Höfe Kino)

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