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Ohne Tauben, dafür mir Spatzen: der Steglitzer Markusplatz

© Frederik Hanssen

Wo Steglitz fast wie Venedig ist: Rund um den Markusplatz

Wenn die Italiensehnsucht allzu groß wird, kann man sie im Südwesten der deutschen Hauptstadt stellen. Ein wenig jedenfalls.

In Venedig soll es ja gerade wunderbar leer sein. Die Einheimischen und ihre Tauben bleiben coronabedingt weitgehend unter sich. Ganz ohne das sonst übliche, grässliche Gedrängel könnte man jetzt den Zauber der Stadt erleben, die architektonischen Herrlichkeiten der Serenissima genießen. Wenn der Weg dorthin nur nicht so beschwerlich wäre! 1150 Kilometer mit dem Auto, 12 Stunden im Zug (nicht mit Faschings-, sondern mit Mund-Nasen-Maske!). Direktflüge in die Lagune werden derzeit überhaupt nicht angeboten.

Aber zum Glück gibt es ja auch in Berlin einen Markusplatz. In Steglitz. Auch er liegt auf einer Insel, einem urbanen Eiland, das umflossen wird von den unablässig rauschenden Verkehrsströmen auf dem Steglitzer Damm, der Albrecht- und der Halskestaße.

In seinem Zentrum findet man, wie in Venedig, ein Gotteshaus, das dem Apostel mit dem Löwen geweiht ist. Hoch und stolz ragt dessen Campanile in den hauptstädtischen Himmel, allerdings steht der Turm nicht separat wie bei seinem italienischen Gegenstück, sondern ist direkt ans Kirchenschiff angebaut. Das wirkt in seinem nüchternen Stil äußerst bescheiden im Vergleich zur überwältigenden Pracht des Originals.

Der Berliner Markusplatz ist keine steinerne Flanierfläche, sondern als Park angelegt, mit hohen Bäumen und üppigem Blumenschmuck, dazu kinderfreundlich, dank des großen Spielplatzes. Kanäle und Brücken gibt es rundum natürlich keine, doch der aus Schöneberg angereiste Tagestourist kann hier – mit italiensehnsüchtig verklärtem Blick – dann doch Einiges entdecken, was an bella Venezia erinnert. Da sind zum Beispiel die eleganten Mosaike an der Fassade der „Grundschule am Stadtpark Steglitz“. Die sind in eben jenem byzantinischen Stil gehalten, der auch die goldglänzenden Innendekorationen der Kuppeln von San Marco dominiert.

Es gibt schöne Loggien ringsum in den Palazzi – wie die Italiener ja nicht nur Adelsresidenzen nennen, sondern auch ganz normale Mehrfamilienhäuser – und sogar einen dieser versteckten, dunklen Durchgänge zwischen zwei Gassen, der unter einem Wohngebäude durchführt. Ganz so, wie man das aus Venedig kennt.

Selbst ein Pendant zum legendären, 1720 gegründeten Café Florian an der venezianischen Piazzetta findet sich in Steglitz, ohne eigene Musikkapelle zwar, aber perfekt gelegen am Markusplatz, mit diagonalem Kirchblick. Das erste Haus am Platze trägt hier den stolzen Namen „Bei Mutti“.

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