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Riccardo Muti mit den Wiener Philharmonikern im Konzerthaus.

© Konzerthaus/Markus Werner

Wiener Philharmoniker in Berlin: Feier der Souveränität

Das Konzerthaus widmet den Wiener Philharmonikern eine Hommage. Jetzt haben die Gäste aus Österreich Mozart und Bruckner gespielt, mit Riccardo Muti am Pult.

Bevor die Wiener Philharmoniker das erste Konzert im Rahmen der ihnen gewidmeten Hommage im Konzerthaus spielen (noch bis 23. 12.), tritt der Vorstand des berühmtesten Musiziervereins der Welt vors Publikum: Es sei eine Ehre, betont Daniel Froschauer. Zudem lasse Maestro Muti ausrichten, ihn habe sein Gastspiel mit dem Orchester der Scala 1989 am Gendarmenmarkt sehr bewegt. Die Wiener waren schon zur Wiedereröffnung des Konzerthauses 1984 mit Bernstein zur Stelle, nicht weniger bewegt. Und Bruckner, sagt Froschauer, sei ein Freund des Orchesters – was gewiss nicht übertrieben ist, aber so nicht immer erwidert wurde. Ein bisschen wienerisch gerät sie schon, diese Vorrede. Wohltuend, dass das Konzerthaus in der Festschrift zur Hommage nicht nur die Geschichte der Philharmoniker feiert, sondern sehr unterschiedlichen Ensembles Fragen nach dem Orchester des 21. Jahrhunderts stellt.

Zu Beginn liegt Mozarts einziges originär für die von ihm wenig geliebte Flöte geschriebenes Konzert auf den Pulten. Der Wiener Soloflötist Karl-Heinz Schütt spielt es mit durchweg sonnigem Gemüt und bezwingender Lässigkeit, als eine Galanterie, der man nicht weiter nachspüren muss. Auch Riccardo Muti lässt sich keine innere Bewegung anmerken, seine äußeren Zeichen sind sehr sparsam, so als solle individuelle Leidenschaft nicht stören bei der Kunsterzeugung. Die musikalische Rhetorik, an der Harnoncourt mit den Wienern gearbeitet hat, schweigt bei diesem Mozart. Ja, man scheint sie hinter sich gelassen zu haben wie einen störenden Rest Erdenschwere.

Herrlich mattgolden klingen die Bläser

Für Bruckners Siebte, einer seiner raren Erfolge zu Lebzeiten, lassen sich Orchester und Dirigent eine Menge Zeit. Muti hat einmal gesagt, die Wiener akzeptierten einen Dirigenten erst ab 60 als Maestro. Diesen Vorzug des Alters reizt der 77-Jährige umso konsequenter aus. In sich selbst ruhend lässt er das Orchester strömen, entschärft vertrackte Temporelationen und harmonische Zusammenballungen. Nur in der Dynamik besteht er auf einer rigiden Skalen-Politik, deren Fortefortissimo-Stöße die Musik kurzzeitig gleißend verlöschen lassen. Die Wiener wissen sich in die Becken zu ergießen, die Muti ihnen weist. Herrlich mattgolden klingen die Bläser, der langsame Gesang der Wagner-Tuben im zweiten Satz könnte Herzen brechen, doch das will hier gar niemand. Die Feier der eigenen Souveränität ist immer einen Deut dem Dienst an Bruckner voraus. Diese große Klangkunst erweckt den Eindruck, sich jenseits aller Interpretation zu bewegen. Ein rauschender Trugschluss.

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