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Der Dirigent Franz Welser-Möst.

© Roger Mastroianni

Wiener Philharmoniker im Konzerthaus: Perfekte Gäste

Zweiter großer Auftritt in Berlin: Franz Welser-Möst leitet die Wiener Philharmoniker - mit Polka und Walzer als Extra-Gaben.

Geschenke gibt es nicht erst morgen, sondern bereits an diesem perfekten Abend im Konzerthaus, an dem die Wiener Philharmoniker Musik von Johannes Brahms spielen. Da werden Bänder gelöst, funkelnde Verpackungen geöffnet und wichtige Dinge enthüllt: Schaut her, Franz Welser-Möst ist die Personifizierung von Feng-Shui am Pult, alles an ihm ist Klarheit und Effizienz, gerichtete (nicht verschnörkelte) Bewegung; zumal in den sehr wianerischen Zugaben von Johann und Eduard Strauss zeigt er eine beiläufige, durchaus abgeklärte Eleganz. Und hört, wie das Orchester, das in dieser Saison gleich mehrfach im Konzerthaus auftritt, den Saal mit seiner spröden Akustik zu füllen weiß! Fast hatte man vergessen, dass dieser sich nicht von sich aus sperrt gegen Wärme und Brillanz, gegen mild abgeblendete Phrasen, plastische Crescendi oder wunderbar ineinander geschmirgelte Ensembleklänge – sondern dass man darin einfach sehr selten exzellente Ensembles hört.

Je nun, was packen wir hier aus? Der Frauenanteil bei den ehrwürdigen Wienern ist immer noch beklagenswert gering, die Zahl der Musikerinnen an diesem Abend nur einstellig. Dafür schenkt das Orchester dem Berliner Publikum etwas Besonderes, nämlich ein Brahmssches Doppelkonzert mit eigenen Solisten. Der gebürtige Leipziger Volkhard Steude, Konzertmeister seit fast zwanzig Jahren, übernimmt die Violine, und sein ungarischer Kollege Peter Somodari spielt die Partie des Solo-Violoncello, mit Pizzicati, die früh einen Rückzug vom großen, solistischen Gestus suggerieren. Und wie die beiden nun spielen, präzise, verlässlich, in holder Eintracht und in den unbegleiteten Passagen (und der Chaconne der Zugabe) geradezu so, als säßen sie bloß zu zweit in einem Kammermusiksaal, so stellt das alles ein sehr hübsch verpacktes Knobelspiel dar: Wieso liebt das Publikum das Rebellische, die Rampensau als solche eigentlich so sehr, wenn es doch auch möglich ist, in aller Dezenz und aus den Noten zu spielen, frackgewandet und mit großer Integrität gegenüber dem Orchester?

Nur folgerichtig, dass Steude und Somodari in Brahms’ Zweiter von 1877 wieder mit im Ensemble sitzen. Welser-Möst lässt das Stück ohne Behäbigkeit oder Kitsch vorüberziehen und gibt schon dem Ende des ersten Satzes eine schöne, antiklimaktische Versöhnlichkeit. Große Ovationen, Polka und Walzer als Extra-Gaben.

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