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Die Geschwister Pfister in 1992er Besetzung. Max Gertsch, Lilian Naef, Christoph Marti und Tobias Bonn (v. l.).

© Christian Grunda

Wiederaufnahme nach 30 Jahren in der Bar jeder Vernunft: Die Geschwister Pfister singen "Melodien fürs Gemüt"

Entertainment aus Berlin, dafür stehen die Pfisters genauso wie die Bar jeder Vernunft. Jetzt ist ihr Programm aus dem Gründungsjahr 1992 wieder dort zu sehen.

Am Ende, als der Jubel schon durchs Spiegelzelt brandet, wird es am Premierenabend noch mal ganz traut. Da stehen die vier Geschwister Pfister im dunkelblauen Licht. Toni (Tobias Bonn) greift zur Gitarre. Und eine schweizerische Weise erklingt.

Sie stammen ja eigentlich aus Zermatt, die Show-Geschwister. Der raue Wind des Waisenlebens hat sie, wie es die Bühnenfama erzählt, zu Onkel Bill in die Staaten, nach Las Vegas, getrieben. Aber Herzensschweizer sind sie irgendwie doch geblieben, wenn auch stark amerikanisiert. "Am Himmel stoht es Sternli z'Nacht" lautet der Titel des innig intonierten Liedes. Tatsächlich eine "Melodie für's Gemüt".

Damals, kurz nach dem Mauerfall

Sagenhafte 30 Jahre hat es bis zu dieser nie geplanten Wiederaufnahme und Wiedervereinigung gedauert. Das Programm haben die damals noch vierköpfigen Pfisters schon mal in der Bar jeder Vernunft intoniert (bis 1. Mai, Di-Sa 20 Uhr, So 19 Uhr). Im Gründungsjahr der Bühne, die mitsamt ihrem zehn Jahre jüngeren, größeren Ableger, dem Tipi am Kanzleramt, seither eine eigene Unterhaltungskultur etabliert hat. Und dass bis weit über die Grenzen der Stadt hinaus.

Als mit "Maybe my Baby" und der "Girl from Ipanema"-Variation "Girl from Zermatt" die ersten Songs erklingen, denkt man daran, wie das damals war. Kurz nach dem Mauerfall, in der vom Rausch und Kater der Wiedervereinigung erfüllten Stadt. In einem Europa, dass Mauern und Aggressionen vergessen wollte.

Als das campy Musikkabarettistentum beflügelt davon, einen neue Heimstatt auf einem Parkdeck gefunden zu haben, zu aufregenden Projekten ansetzte. Zwei Jahr später sollte die Bar-Version der Operette "Im weißen Rössl am Wolfgangsee" endgültig die U- und E-Kultur versöhnen. Mit Otto Sander, den um Andreja Schneider verstärkten Pfisters und Gerd Wameling, um nur einige zu nennen.

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Wameling tritt in der zweiten Hälfte des munteren Abends doch tatsächlich als Gaststar auf und gibt, begleitet vom Geschwister-Pfister-Background-Chor, eine zerbrechliche, windschiefe Version des Bette Midler-Klassikers "The Rose" zum besten. 30 Jahre sind eben doch doch kein Pappenstiel.

Dem Charisma des verlorenen Bruders Willi (Max Gertsch) und der verlorenen Schwester Lilo (Lilian Naef) haben sie jedoch gut getan. Sie sind ebenso gut gereift wie Ursli (Christoph Marti) und Toni, die sonst seit 29 Jahren von Andreja Schneider verstärkt werden.

Schwänke und exaltierte Mienen

Begleitet von Johannes Roloff am Piano singen sie sich vierstimmig durch Standards wie "Mr. Sandman", "Down in the Dephts", "Sh Boom" und "Buona Sera". Erzählen dazu Schwänke aus ihrem polyglotten Showleben und fechten mit exaltierter Miene geschwisterliche Rivalitäten aus.

Ganz am jugendlichen Unsinnsdrang von einst, sind sie in einer Szene, dem "Kuckuck". Da stellt erst Ursli Lilo auf den Kopf und ruft ihr "Kuckuck" durch die hochgereckten Beine. Nur um dann selber auch einen Handstand hinzulegen, bei dem ihm Lilo "Kuckuck" durch die kurz behosten Beine ruft. Ein herrlich dämlicher Moment.

So wie die Idee, kurz vor der Pause mittels Kuhglocken und Pappgeranien vor stilisierten Fenstern, in die Schweiz zu reisen. Dort wird bei der Bergwanderung angesichts des Traum-Panoramas Pause gemacht. Und mit leerem Blick ins Publikum, sprich die Aussicht geblickt und Butterbrot gemampft. So stoisch bis die Leute merken, dass die nächste halbe Stunde nichts passiert. Lustige Sache, das!

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