zum Hauptinhalt
Wo ist der "Hundertjährige"?`Bestseller stapeln auf der Buchmesse.

© dpa-bildfunk

Wie Verlage sich gegenseitig inspirieren: Überall Hundertjährige

Ob "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten“ oder „Der Bibliothekar, der lieber dement war als zuhause bei seiner Frau“: Der Trend auf dem Buchmarkt geht zum langen Buchtitel und zum fidelen Alter und Gebrechen à la "Der Hundertjährige".

Als im Sommer 2011 Jonas Jonassons Roman „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ hierzulande erschien, dürften nicht einmal die Verantwortlichen des zum Random-House-Konzern gehörenden Verlags Carl’s Books an einen übermäßigen Erfolg geglaubt haben. Ein Rentner-Roman, ganz fidel zwar, aber von einem unbekannten schwedischen Autor, dazu dieser sperrige Titel! Es kam bekanntlich anders: Der Roman verkaufte sich allein in Deutschland über zwei Millionen Mal, und auch Jonassons neuer Roman ist ein Bestseller: „Die Analphabetin, die rechnen konnte.“ Dass dieser Titel an den des ersten Jonasson-Romans erinnert, versteht sich – das bietet Orientierung, das ist für Leser, die sich für die Namen von Autoren nur entfernt interessieren.

Die Originaltitel sind allesamt kurz und knackig: "Wij" oder "De laatkomer"

Ein Erfolg wie der des „Hunderjährigen“ weckt aber auch Begehrlichkeiten bei anderen Verlagen. Und wenn man schon keine reinen Rentner-Romane im Programm hat, soll wenigstens im Titel eine Ähnlichkeit anklingen. Mit dem Roman „Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte“ des norwegischen Autors Lars Saabye Christensen fing 2013 an, was sich dieses Jahr zu einem Trend verdichtet: Die Veröffentlichung von Romanen mit Titeln, die aus einem Subjekt und einem mitunter ewig langen Nebensatz bestehen. „Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten“ heißt ein Roman des Amerikaners Daniel Friedman, der im März bei Aufbau erscheint. Originaltitel: „Don’t ever get old“.

Beim Blumenbar Verlag gibt es ebenfalls im März ein Buch des flämischen Autors Elvis Peeters, das den Titel „Der Sommer, als wir unsere Röcke hoben und die Welt gegen die Wand fuhr“ trägt. Im Original heißt dieser Roman kurz und knackig „Wij“. Auch Luchterhand hat einen flämischen Schriftsteller im Programm: Dimitri Verhulst mit dem Roman „Der Bibliothekar, der lieber dement war als zuhause bei seiner Frau“. Im Original heißt das Buch, na klar, kurz, knapp „De laatkomer“. Von Verhulst erschien übrigens 2013 schon in dem Bielefelder Sportbuchverlag Covadonga eine Novelle namens „Monolog einer Frau, die die Gewohnheit hatte, mit sich selbst zu reden“ (zur Abwechslung eine wörtliche Übersetzung).

Ob das hinhaut mit den Bestsellerehren? Ob Leser allein durch den Titel zum Kauf eines Buches verlockt werden? Oder ob vielleicht Oliver Sacks das Copyright auf Titel wie diese hat: "Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte"? Und noch Ansprüche geltend macht? Bei Carl’s Books jedenfalls ist man schon wieder einen Schritt weiter: Dort erscheint im März erneut ein Roman eines unbekannten skandinavischen Autors, dieses Mal aus Dänemark, von Kristin Bang Foss. „Der Tod fährt Audi“ heißt der nur. Auf dem Cover aber sind ein gezeichnter VW-Bus und ein Rollstuhl obendrauf zu sehen. Und hinten heißt es: „Für alle Fans von Ziemlich beste Freunde und dem Hundertjährigen“.

Zur Startseite