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Planen, ausbilden, vorbereiten. Stipendiaten bei Konservierungsarbeiten auf einem DAI-Projekt in der Türkei.

© DAI

Weltkulturerbe und historische Stätten: Wiederaufbau Syrien: Wie junge Architekten sich vorbereiten

Junge Syrer planen den Wiederaufbau ihres Kulturerbes. Auch unter Lebensgefahr. Werden sie ihre Pläne jemals umsetzen können?

Ahmad Masri war angehender Architekt, als der Krieg in seine Heimatstadt Aleppo kam. „Wir mussten zusehen, wie unser Kulturerbe zerstört wurde“, erzählt der junge Syrer, der sich damals zum Handeln entschloss: Inmitten der Schlacht von Aleppo vermaß und dokumentierte Masri drei Jahre lang die historischen Bauten der Altstadt, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Heute lebt der 27-Jährige in der Türkei und bereitet sich darauf vor, dieses Kulturerbe eines Tages wieder aufzubauen.

„Es gab keine Aufzeichnungen über diese historischen Bauten, die jeden Moment vernichtet werden konnten“, begründet Masri seinen Entschluss, sich dem Bombenhagel von Aleppo auszusetzen. Einige seiner Kollegen vom Syrischen Verein für Kulturerhalt kamen dabei ums Leben. Viele der Bauten wurden tatsächlich zerstört. „Aber wir haben jetzt eine große Datenbank, die alles dokumentiert“, erklärt Masri dem Tagesspiegel.

Drei Jahre lang arbeitete er an der Dokumentation, dann verließ er Aleppo, um Restaurierung zu studieren. „Ich wollte diese Gebäude nicht nur dokumentieren, ich wollte sie restaurieren können“, sagt er. „Ich bin schließlich Architekt, ich will aufbauen.“ Weil Kulturerhalt an syrischen Universitäten nicht unterrichtet wird, zog er nach Istanbul. Dort kreuzte sich sein Weg mit dem des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), das am Bosporus eine Außenstelle unterhält.

Das DAI machte sich schon länger Gedanken, was es für das vom Krieg bedrohte Kulturerbe in Syrien tun könne, sagt der Archäologe Felix Pirson, der die Istanbuler Außenstelle leitet. „Stunde Null“ heißt das Projekt, das aus diesem Gedanken geboren wurde und bei dem es darum geht, was deutsche und europäische Kulturinstitute schon jetzt tun können, um nach Ende des syrischen Bürgerkriegs den Wiederaufbau der Kulturgüter zu unterstützen. Das DAI in Istanbul beschloss, syrische Experten auszubilden.

„Wir haben syrische Archäologen, Architekten, Denkmalpfleger angesprochen, ob sie interessiert wären, im Rahmen eines zweijährigen Stipendienprogrammes an eigenen Projekten zu arbeiten“, erklärte Pirson gegenüber unserer Zeitung. So förderte das Institut etwa einen Akademiker, der am Museum von Palmyra tätig war, bis er aus Syrien fliehen musste. Im türkischen Exil konnte er mit Unterstützung des DAI syrische Flüchtlinge interviewen, die aus Palmyra kamen und neue Informationen über den Zustand der Kulturstätten mitbrachten.

Auch Ahmad Masri zählte zu den fünf Stipendiaten, die zwei Jahre lang am DAI gefördert wurden und jetzt ihre Ergebnisse vorlegten. Sein Projekt befasste sich natürlich mit Aleppo: Er entwarf Pläne für die Restaurierung eines osmanischen Schulgebäudes in der Altstadt. Dank des deutschen Stipendiums konnte er zudem seinen Master in Restaurierung und Konservierung an einer Istanbuler Universität abschließen. Daneben wurden die Stipendiaten vom DAI mit Seminaren, Workshops und Sprachkursen weitergebildet, begegneten renommierten Experten und knüpften Kontakte für ihre künftige Arbeit in Syrien.

Selbst hingehen, die Hände schmutzig machen - ein Wunschtraum

Koordiniert wurde das Projekt am DAI von Diana Miznazi, einer jungen Architektin aus Aleppo, die ihre Masterarbeit über den Wiederaufbau in Syrien verfasst hat. Syrien brauche ihr Wissen, sagt sie, und sie wolle es weitergeben, sagt Miznazi. „Wir haben in Syrien keine Studiengänge für Kulturerhalt, und natürlich gibt es keine Studiengänge für Wiederaufbau nach einem Krieg – wer hätte je gedacht, dass wir das einmal brauchen?“ Das Projekt am DAI sei daher eine willkommene Gelegenheit, Wissen weiterzugeben.

Werden sie und die fünf Stipendiaten dieses Wissen eines Tages in Syrien anwenden können? Werden sie ihre Pläne zum Wiederaufbau von Aleppo umsetzen können? „Das wünsche ich mir so!“, sagte die junge Frau dem Tagesspiegel. Vorläufig sei dies alles, was sie tun könne: planen, ausbilden, vorbereiten. „Aber was ich wirklich tun möchte, das ist natürlich: selbst hingehen und mir die Hände schmutzig machen – in meiner eigenen Stadt.“

Auch Ahmad Masri hofft, möglichst bald in ihre Heimat zurückkehren und seine Fähigkeiten anwenden zu können. „Die Schule ist schwer beschädigt und muss dringend restauriert werden“, sagt Masri über den osmanischen Bau, dessen Wiederaufbau er mit dem Stipendium vorbereitet hat. „Ob ich sie eines Tages selbst restaurieren kann oder jemand anderes: Die Pläne liegen jetzt schon einmal vor.“

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