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Die Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe.

© dpa

Weltkulturerbe: Kassel freut sich: Die Wilhelmshöhe mit Wasserspielen und Herkules bekommt den Ritterschlag

Nach nur acht Minuten fiel die Entscheidung: Die Kasseler Wilhelmshöhe mit den monumentalen Wasserspielen ist in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Das Welterbe-Komitee würdigte auch das Engagement der Bürger für den barocken Landschaftspark.

280 Seiten Antrag mit 200 Bildern und vier Jahre Teamarbeit, das war der Einsatz. Der Gewinn: ein Weltkulturerbe-Titel für die Kasseler Wilhelmshöhe samt Schloss, Herkulesfigur und Wasserspielen. In der Nacht zum Sonntag hatte das Welterbe-Komitee bei ihrer Jahrestagung im kambodschanischen Phnom Penh den Kasseler Antrag für den ab 1696 entstandenen Landschaftspark in nur acht Minuten durchgewunken, als herausragenden Kultur- und Naturschatz des europäischen Absolutismus und „einzigartiges Gesamtkunstwerk aus Kunst, Technik und Architektur“.

Der über einem 70 Meter hohen Sockel samt Grotten und Pyramide auf dem Gipfel des Karlsbergs aufragende Herkules ist das Wahrzeichen der Stadt. Dass die Unesco-Denkmalsexperten in der „anspruchsvollsten Großskulptur der frühen Neuzeit“ einen Vorgänger der New Yorker Freiheitsstatue ausmachen wollen, mag übertrieben erscheinen. Aber die monumentale Wasserbaukunst ist in der Tat ohne Vergleich: Das mit unterschiedlichen „Bühnenbildern“ inszenierte Naturtheater, bei dem 750 000 Liter Wasser über Becken, Rinnen, Röhren und Aquädukte kaskadenartig rund 80 Meter in die Tiefe stürzen, um sich dann in einer allein durch Wasserkraft in die Höhe schießenden 50-Meter-Fontäne in den Schlossteich zu ergießen, war seinerzeit eine technische Pionierleistung. Große Teile der Anlage funktionieren heute wie vor über 300 Jahren, einige der originalen Rohrleitungen sind nach wie vor in Gebrauch.

560 Hektar misst das nun mit dem „Ritterschlag“ (Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen) geadelte Bergpark- und Schlossensemble am Hang des Habichtswalds, das die künstliche Löwenburg-Ruine und die kostbare Graphische Sammlung des Museums Schloss Wilhelmshöhe mit über 60 000 Zeichnungen und Konvoluten aus dem Spätmittelalter bis in die Gegenwart mit einschließt.

Der Wilhelmshöhe sei Dank. Jetzt ist Kassel nicht mehr nur Documenta-Stadt

Die Barockanlage diente unter anderem Wilhelm II. als Sommerresidenz, heute ist sie ein öffentlicher Park, bei freiem Eintritt. Das Welterbe-Komitee würdigte mit der Aufnahme auch das Engagement der Kasseler Bürger, die sich mit Vereinsinitiativen und Bergparkfesten für ihre Kulturlandschaft stark gemacht hatten – das nächste Fest steht am 29. und 30. Juni auf dem Kalender. Die Stadt hat allen Grund, sich zu freuen. In diesem Jahr begeht Kassel seine 1100-Jahr-Feier, veranstaltet Jubiläumsfestlichkeiten zum 200. Geburtstag von „Grimms Märchen“ und kann sich als Austragungsort der weltwichtigsten Kunstschau alle fünf Jahre künftig nicht nur Documenta-Stadt nennen, sondern auch noch Weltkulturerbestätte. Damit rangiert sie auf Augenhöhe mit den Pyramiden von Gizeh, der chinesischen Mauer und dem Schloss Versailles. 38 der derzeit 981 auf der Liste verzeichneten Stätten liegen in Deutschland, darunter die Berliner Museumsinsel, der Kölner Dom und die Essener Zeche Zollverein.

Der umwölkte Vulkan Fuji, Japans höchster Berg.
Der umwölkte Vulkan Fuji, Japans höchster Berg, ist als Pilgerstätte und Inspirationsquelle für bildende Künstler von hoher kultureller Bedeutung.

© AFP

Das Unesco-Komitee tagt noch bis Donnerstag in Phnom Penh. In den letzten Tagen hatten die 21 Experten auch Japans höchsten Berg, den Fuji, den Ätna in Sizilien, den Golestan-Palast in Teheran als früheren Sitz der persischen Herrscher und die Königshauptstadt Kaesong in Nordkorea in die Liste der Kultur- und Naturdenkmäler aufgenommen. Ebenfalls neu dabei sind u.a. die Reisterrassen in Chinas Provinz Yunnan, das Fort al Zubarah in Katar, die Altstadt von Levuka auf den Fidschi-Inseln, eine Walfängerstation im kanadischen Rad Bay und die Altstadt von Agadez in Niger, mit Lehmbauten aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Jedes Land darf pro Jahr einen Antrag stellen. 2014 will Deutschland es mit dem über 1200 Jahre alten Benediktinerkloster Schloss Corvey im nordrhein-westfälischen Höxter versuchen. chp (mit dpa, AFP, epd)

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