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In Amsterdam wünscht man ihm „alles Gute“. Dirigent Daniele Gatti.

© picture alliance / dpa

Vorwürfe sexueller Belästigung: Concertgebouw und Daniele Gatti einigen sich

Versöhnung ohne Aufklärung: Das Amsterdamer Concertgebouworekst erklärt den Konflikt mit seinem ehemaligen Chefdirigenten Daniele Gatti für beendet.

Das Medienecho war riesengroß, als das Amsterdamer Concertgebouworkest im vergangenen Sommer seinen Chefdirigenten Daniele Gatti von einem Tag auf den anderen rausschmiss, nachdem in der „Washington Post“ zwei Sängerinnen berichtet hatten, sie seien von Gatti sexuell belästigt worden. Die beiden Vorfälle sollen sich 1996 respektive 2000 ereignet haben, also lange vor der Zeit Gattis in Amsterdam. Doch auch mehrere Musikerinnen des niederländischen Spitzenorchesters hätten über „unangemessenes“ Verhalten des Chefdirigenten“ geklagt, hieß es damals in einer Pressemitteilung. Darum sei „die Vertrauensbeziehung irreparabel beschädigt“.

Nachdem der 56-jährige Maestro mit gerichtlichen Schritten „gegen diese Hetzkampagne“ gedroht hatte, trat beiderseitiges Stillschweigen ein. Nun veröffentlichte das Concertgebouworkest eine Erklärung, in der es heißt, man habe sich nach „konstruktiven Beratungen“ entschlossen, den Konflikt als beendet zu betrachten. Gatti wird nicht wieder eingestellt, das Orchester betont aber, man wünsche ihm „sowohl persönlich wie auch beruflich alles Gute“. Als Zeichen der Anerkennung für seine Arbeit als siebter Chefdirigent des 1888 gegründeten Orchesters werde man zeitnah drei CDs mit gemeinsamen Aufnahmen veröffentlichen, die während Gattis Amtszeit von 2016 bis 2018 entstanden sind. Der offizielle Text schließt mit dem Hinweis, beide Seiten würden zu dem Fall künftig keine weiteren Statements abgeben.

Konnten die Vorwürfe entkräftet werden?

Damit bleibt im Unklaren, ob der Dirigent die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entkräften konnte oder ob die betroffenen Amsterdamer Musikerinnen ihre Anschuldigungen womöglich relativiert oder gar ganz zurückgezogen haben. Diese Versöhnung ohne Aufklärung ist für die Öffentlichkeit unbefriedigend, gerade angesichts der Bemühungen der #metoo-Debatte.

Der Amsterdamer Rauswurf hatte die Karriere des 1961 in Mailand geborenen Dirigenten nur kurzzeitig ausgebremst. Bereits im Dezember hatte ihn die römische Oper zu ihrem Musikchef gemacht, und auch das Mahler Chamber Orchestra, dessen künstlerischer Berater Gatti ist, hielt an ihm fest. Für die Neuinszenierung von Verdis „Otello“, die der Dirigent bei den diesjährigen Osterfestspielen der Berliner Philharmoniker in Baden-Baden erarbeiten sollte, hatte sich Daniele Gatti dagegen frühzeitig krankgemeldet. Zubin Mehta war für ihn eingesprungen. Der 82-Jährige wird auch die beiden Berliner „Otello“-Aufführungen am heutigen Donnerstag sowie am Sonntag in der Philharmonie leiten.

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