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Die "Ölskizze" von Gerhard Richter, ein Bild auf Leinwand und Holz von 1998, ist bei Lempertz zu ersteigern.

© Lempertz

Vorbesichtigung bei Ketterer und Lempertz: Das sind die Highlights der Frühjahrsauktionen

Die Auktionshäuser Ketterer und Lempertz laden zur Vorbesichtigung in Berlin. Mit dabei sind Werke von Gerhard Richter, Kurt Schwitters und Tony Cragg.

Die Figur strebt in alle Richtungen und kommt doch nicht vom Fleck. „Runner“ nennt Tony Cragg seine dunkel patinierte Bronzeplastik (2014), für den Betrachter zerfällt der Läufer in lauter Fragmente: Köpfe oder im Lauf befindliche Beine, so ganz weiß man es angesichts der fließenden Formsprache des britischen Bildhauers nicht. „Runner“ ist so vielschichtig wie vielgesichtig und wohl auch deshalb ein Highlight der kommenden Frühjahrsauktionen im Hause Lempertz in Köln.

300 000–400 000 Euro erwarten die Experten des Versteigerers für die 150 Zentimeter hohe Gestalt, die zur Vorbesichtigung nach Berlin gereist ist – zusammen mit Bildern etwa von Gerhard Richter, Katharina Grosse, der großen Leinwand „Immingle“ von Kenneth Noland (Taxe: 180 000–220 000 Euro) und drei kleinen, raumplastischen Abstraktionen von Norbert Kricke aus den fünfziger Jahren, die zusammen mindestens 75 000 Euro bringen sollen. Auch Richters experimentelle „Ölskizze“ in der Farbe Rot (1998) hat ein bescheidenes Format von knapp 30 Zentimetern Länge, wird jedoch auf 300 000–350 000 Euro geschätzt, das Aquarell „7.4.88“ auf ein Minimum von 120 000 Euro und die Farbserigrafie „Haut II“ von 2004 auf immerhin 70 000 Euro.

Angesichts der Preise, die auf dem internationalen Markt für Werke des Malers erzielt werden, erstaunen solche Summen nicht. Eher schon, dass auch ein „Silberfächer“ von Heinz Mack auf stolze 200 000-300 000 Euro angesetzt ist. Ein Blick auf das Alter und die Dimensionen der exquisiten Arbeit relativiert den Preis dann allerdings: Sie misst fast soviel wie Craggs Skulptur und stammt von 1967. Ein frühes, monumentales Werk des Zero-Künstlers also und so wichtig, dass sich Museen wie große Privatsammlungen dafür interessieren könnten.

Kurt Schwitters ist seltener Star der Versteigerung

Noch höher klettern die Preise bei Lempertz im Segment der Moderne. Hier garantieren Namen wie Picasso – dessen Kreidezeichnung „Deux Pigeons“ einen unteren Schätzpreis von 180 000 Euro hat –, Lovis Corinth oder Max Liebermann Interesse, wobei das Gemälde „Judengasse in Amsterdam“ von 1909 zum Spitzenpreis von 600 000–800 000 Euro aufgerufen wird. Bilder von Liebermann sind häufiger auf Auktionen zu sichten, ein Großformat wie dieses von fast 1,80 Metern Länge aber macht sich für gewöhnlich rar.

Ein ebenfalls seltener Star der kommenden Versteigerung am 31. Mai ist Kurt Schwitters. Seine Kunst gelangt nur selten noch in den Handel. 400 000– 600 000 Euro lautet deshalb die Schätzung für das „Gustav Finzlerbild“ – ein abstraktes Hochformat aus den 1920er-Jahren mit langer Ausstellungshistorie. Eine zweite Collage beginnt bei 300 000 Euro, und auch sie war in bedeutenden Museen wie dem New Yorker MoMA oder der Tate Gallery in London ausgestellt. Allerdings stammt sie aus den vierziger Jahren und zählt damit zu Schwitters Spätwerk.

Ein Werk von Franz von Stuck zählt zu den Spitzenstücken

Auf der Höhe seiner Erfolge als Porträtist der Münchner Gesellschaft wie auch düsterer, symbolschwerer Traumwelten malte Franz von Stuck 1905 seinen »Faun und Bacchusknabe«. Bemerkenswert ist nicht allein der opulente Künstlerrahmen, dessen schimmerndes Gold ein Teil des Motivs wird. Sondern ebenso, dass sich der Maler an der Schwelle zum 20. Jahrhundert auf die Tradition der Bacchusdarstellung beruft – von Stuck in einer Reihe mit den Virtuosen Caravaggio, Peter Paul Rubens und Michelangelo.

Das Auktionshaus Ketterer zählt dieses Werk zu den Spitzenstücken seiner Auktion, die am 24. Mai in München steigt, und bewertet es mit 100 000– 150 000 Euro. »Faun und Bacchusknabe« ist ebenfalls zur Vorschau in der hiesigen Berliner Dependance. Zum Angebot „Kunst des 19. Jahrhundert“, für Ketterer Auftakt seines 65-jährigen Jubiläums, gehören exquisite Bilder wie die im Licht glänzenden „Enten, Reichenau“ von Alexander Koester (Taxe: 40 000–60 000 Euro) oder „Wintersonne im Engadin“, dessen Details Peder Mørk Mønsted derart realistisch festhält, dass man an eine Fotografie glaubt. Das Gemälde von 1914 öffnet den Blick in eine verschneite Berglandschaft, im Vordergrund reflektiert ein Bach mit der für Mønsted typischen spiegelnden Wasseroberfläche (Taxe: 40 000–60 000 Euro) die Szene. Bei Bonhams in London erzielte das bislang teuerste Werk des Dänen das Doppelte in Pfund.

Karl Hagemeisters "Wendische Bäuerin" (um 1886) wird von Ketterer angeboten.
Karl Hagemeisters "Wendische Bäuerin" (um 1886) wird von Ketterer angeboten.

© Ketterer

Mit einem unteren Schätzpreis von 25 0000 Euro empfiehlt sich die „Kemnitzer Heide“ (1893) von Karl Hagemeister. Ein Querformat in leuchtendem Grün, dessen vom Wind gebeugtes Schilf ein nahes Gewitter ahnen lässt. Der Maler selbst wandte sich zu dieser Zeit dem Impressionismus zu. Doch auch seine „Wendische Bäuerin“, um 1886 entstanden (Taxe: 10 000–15 000 Euro) löst die Blumenwiese zu Füßen der Frau in Tupfen auf, die ohne Stil und Blätter zu schweben scheinen.

Carl Spitzweg, berühmt für seine Genreszenen, begab sich um 1860 auf „Nixenfang“ und schuf ein Motiv mit märchenhaftem Charakter. Solch ein Sujet, mit 40000 Euro bewertet, ist nicht oft auf dem Auktionsmarkt und ergänzt das Angebot mit Werken von Edvard Munch, Hans Thoma, Rudolf Riemerschmid und Friedrich Kallmorgen perfekt.

Lempertz Berlin, Poststr. 22, 14./15. 5., jeweils 11–17 Uhr / Ketterer Berlin, Fasanenstr. 70, 13. 5., 10–20 Uhr, 14. 5., 10–15 Uhr

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