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Bis ins Detail. Auf der Brafa arrangieren Händler wie der Münchner Porzellan-Spezialist Röbbig ihre Objekte zu Gesamtkunstwerken.

© Brafa Art Fair

Von „Terminator“ bis „Wolverine“: Kunstmesse Brafa verkauft auch Hollywood-Requisiten

Die renommierte Kunst- und Antiquitätenmesse Brafa in Brüssel öffnet sich der Popkultur. Der Qualität schadet das nicht.

Auf 65 Ausgaben kommt die Brafa Art Fair in Brüssel nach großzügiger Rechnung inzwischen. In dieser Zeit hat sie sich von den Anfängen als besserer Flohmarkt zu einer der bedeutendsten Messen für Kunst von der Antike bis zur Gegenwart entwickelt.

Stolz weisen die Veranstalter auf die niedrige Fluktuation von lediglich sechs Prozent unter den 133 Ausstellern hin. Auf diese Stabilität können die Belgier durchaus stolz sein, wie ein Blick auf ähnlich ausgerichtete Messen am Rhein oder in Paris zeigt, wo etwa die Biennale des Antiquaires schon seit Längerem vor sich hindarbt.

Für Peter Osborne von der Londoner Kunsthandlung Osborne Samuel hat Brüssel unter anderem einen Standortvorteil: Die Fahrt von London nach Brüssel dauert zwei Stunden – mit dem Zug, wohlgemerkt.

Für Sammler, die auf die von Osborne vertretene britische Kunst der Nachkriegszeit spezialisiert sind, ist es deshalb ohne Weiteres möglich, die für sie interessanten Stände zu besuchen und noch am selben Tag wieder zurückzufahren. In diesem Argument steckt viel Überzeugendes.

Brüssel liegt maximal zwei Stunden von Paris, London, Amsterdam und dem Rheinland – und damit von den Zentren der traditionellen Sammler – entfernt.

Erstklassige Kunst und Popkultur

Deutsche Händler tun sich mit der Brafa nach wie vor erstaunlich schwer. Aktuell sind hier lediglich vier Galerien vertreten; eigentlich sogar nur dreieinhalb, da die Antikenhändlerin Antonia Eberwein die Konsequenzen aus der jüngeren deutschen Gesetzgebung für den Handel mit Kunstgütern gezogen hat und nach Paris gegangen ist.

Überzeugt hat seine Erstteilnahme im vergangenen Jahr den Münchner Porzellan-Spezialisten Röbbig. Inhaber Alfredo Reyes hat 2019 in Brüssel nach eigener Aussage an belgische, französische und deutsche Kunden verkauft.

Man müsse sich mit hochklassiger Ware engagieren, um hier erfolgreich zu sein, erklärt er. Andererseits seien unter den Kunden auf der Brafa auch Einsteiger, für die man ebenfalls attraktive Objekte dabeihaben sollte, um sie für sich zu gewinnen und idealerweise weiter auf ihrem Weg als Sammler zu begleiten.

Porzellan sei außerdem eine der wenigen Sparten der Kunst des 18. Jahrhunderts, die nicht an Aktualität eingebüßt hätten.

Aktualität scheint denn auch ein Erfolgsgeheimnis der Brafa zu sein. Ihr gelingt der Brückenschlag zwischen Altem und Neuem. Comics zum Beispiel gehörten in Belgien schon immer zum festen Geschäft der seriösen Händler und sind seit Langem fester Bestandteil des Brafa-Angebots.

Noch weiter in die Populärkultur weist die Kunsthandlung Theatrum Mundi aus Arezzo, die sich selbst als „The XXI Century Wunderkammer“ beschreibt.

Hingucker aus Hollywood

Ihr Kerngeschäft seien eigentlich Dinosaurierskelette erklärt Luca Cableri. Die prähistorischen Exponate seien bei Hollywood-Schauspielern sehr beliebt, erzählt er und zeigt auch gleich das Foto eines Tyrannosaurus rex, der zehn Millionen Dollar kosten soll.

Die Objekte, die die Italiener wiederum von ihren Hollywood-Touren mitbringen, sind ebenfalls Hingucker. Ein originales Hemd des „Terminator“-Bösewichts T-1000 (35000 Euro) am Stand von Theatrum Mundi aus dem zweiten Teil der Filmreihe überrascht mit seiner analogen Tricktechnik.

Denn entgegen der weitverbreiteten Auffassung war in dem Neunzigerjahre-Spektakel vieles nicht digital – auch nicht die Einschusslöcher in jenem flüssigen Metall, aus dem der Film-Androide bestand.

Genauso wenig bestehen die Klauen von „Wolverine“ (70 000 Euro) aus dem fiktiven Metall Adamantium, sondern aus Gießharz. Das begeistert sogar den Doyen der Wunderkammerzunft, den Münchner Händler Georg Laue, der zur Vernissage prompt am Mundi-Stand auftauchte und zugeben musste, dass Brüssel mit seinen offeneren Zulassungsregeln für seine Messe ein Alleinstellungsmerkmal besitzt.

Für alle etwas dabei

Während die Qualität der Offerte in den älteren Sparten durchweg hoch ist und von einer Jury aus (nicht ausstellenden) Händlern, Vertretern diverser Museen und unabhängigen Experten geprüft wird, versagen hier wie anderswo die traditionellen Instrumente einer Antiquitätenmesse, je weiter die Kunst in die Gegenwart reicht.

Denn die Frage, ob ein Kunstwerk echt ist, restauriert wurde oder eine gültige Exportlizenz besitzt – alles wichtige Kriterien für die ältere Kunst –, spielt bei den Zeitgenossen bestenfalls eine untergeordnete Rolle. So bleibt es den Ausstellern überlassen, was sie für würdig genug erachten, um es an ihren Ständen zu zeigen.

[Brafa Art Fair, Tour & Taxis, Avenue du Port 88, Brüssel; bis 2. Februar, www.brafa.art/de]

Im internationalen Kunstkontext kann die derart subjektiv ausgewählte Kunst nicht immer bestehen. Doch es gibt erfreuliche Ausnahmen und Entdeckungen. So hat Whitford Fine Art aus London den 1970 mit nur 51 Jahren verstorbenen Siegener Künstler Reinhold Koehler wiederentdeckt, dessen seit Kriegsende entwickelten Decollagen hinter Glas einen ganz eigenen Weg beschreiten.

Kálmán Makláry aus Budapest präsentiert zwischen vielem allzu Buntem aus aktueller Produktion fast monochrome Arbeiten der 96-jährigen Judit Reigl, die in den frühen Fünfzigerjahren in engem Austausch mit den Vertretern der lyrischen Abstraktion in Frankreich oder den amerikanischen Expressionisten stand.

So ist für alle etwas dabei in Brüssel, und vieles davon auch für weniger betuchte Sammler durchaus bezahlbar. Weshalb ein solches Format in Belgien seit fast 70 Jahren munter gedeihen kann, während ähnliche Messen in Deutschland um ihre Existenz kämpfen müssen, gehört zu den großen Rätseln des Kunstmarkts.

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