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Volksbühne zeigt Zimmermann-Oper: Adam vs. Gott

Der Allmächtige und die Alimente: Christian Filips inszeniert Bernd Alois Zimmermanns Funkoper „Der Unterhaltungsprozess gegen Gott“ als eindrucksvolles Bühnenwerk.

Fast nackt irrt der Arme durch die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Adam hungert, friert und findet kein Zuhause in der Welt. Der erste Mensch hat Gottvater enttäuscht und fliegt aus dem Paradies. Statt seiner wird Emanuel, Adams jüngerer Bruder, der Erbe Gottes. Weil Adam aber nicht arbeiten will, um seine Situation zu verbessern, verklagt er Gott auf Alimente, mithilfe des Erzengels Raphael.

Bernd Alois Zimmermanns Funkoratorium „Der Unterhaltungsprozess gegen Gott“ blickt durch die Brille des 20. Jahrhunderts auf die Vertreibung aus dem Paradies und dreht die Geschichte weiter. Der Komponist schrieb das Stück 1952, wollte damit die deutsche Nachkriegsgesellschaft zum katholischen Glauben führen und so entnazifizieren. Darauf legt Regisseur Christian Filips seinen Fokus. Er lässt Videosequenzen der Nürnberger Prozesse projizieren, Fahnen der Besatzungsmächte schwenken und eine Schwarz-Weiß-Filmszene einspielen, in der es um die Verantwortung für Verbrechen während der Nazizeit geht.

Vielfältige Besetzung und große Inszenierung

Gleichzeitig bringt Filips mit diesen Elementen das einst lediglich für den Rundfunk konzipierte Werk im Wissen um Zimmermanns eigene Vorstellungen vom Musiktheater auf die Bühne, dem Zusammenführen aller Darstellungsformen. Für eine große Vielfalt von Akteuren sorgt schon die Besetzung des Oratoriums, mit drei Sprechern (eindrucksvoll: Aniol Kirberg als Adam), neun Gesangssolisten (herausragend: Magnús Hallur Jónsson als Sommer und Hubert Wild als Johannes der Täufer), drei Chören (die wunderbar klar singende Sing-Akademie zu Berlin mit Männer des Staats- und Domchors Berlin) und Orchester. In der Volksbühne tritt zusätzlich ein Oudspieler auf, der auch singt, in typisch nahöstlichem Stil, einige Abschnitte werden zudem von Band eingespielt. Die Inszenierung des 90-minütigen Stücks fährt ebenfalls groß auf: samt Drehbühne, reduziertem, aber eindrucksvollem Bühnenbild und reichlich Requisite, wie etwa dem trojanischen Holzpferd – angesichts von nur zwei Vorstellungen ein enormer Aufwand.

Der rechtfertigt sich jedoch, wenn man bedenkt, wie selten das Oratorium bisher aufgeführt wurde. Nach der Ursendung 1952 und einer konzertanten Aufführung 1987 feierte es erst jetzt in Berlin seine szenische Uraufführung.

Jonas Zerweck

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