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Szene aus dem "Kaiser von Kalifornien" mit Johanna Bantzer (vorn), Sarah Franke und Jella Haase.

© J. Röder

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz: Nicht jeder wird fündig, der nach Gold gräbt

Alexander Eisenach inszeniert sein Stück „Der Kaiser von Kalifornien“ zum Berliner Saisonstart an der Volksbühne.

Es wird wieder gespielt. Die Volksbühne hat, nach fast sechsmonatiger Theaterabstinenz, die neue Berliner Saison eingeläutet. Und was soll man sagen? Es war eigentlich alles wie immer!

Klar: Sich mit Mund-Nasen-Schutz bis zum Sitzplatz zu bewegen (wo er dann abgenommen werden darf), den geschätzten Nachbarinnen und Nachbarn dank Abstandsregel nur auf Rufweite verbunden zu sein statt im Dauerkampf um die gemeinsamen Armlehnen und vielleicht erstmals im Theatergängerleben überhaupt zu realisieren, was Beinfreiheit wirklich bedeutet – all das sind durchaus ungewohnte Erfahrungen.

Auch das klassische Foyergespräch öffnet sich neuen Inhalten: Der Smalltalk-Renner sind jetzt die Belüftungsanlagen. Da die Volksbühne über eine besonders leistungsfähige verfügt, mussten bei der Aufführungsdauer geringere Abstriche gemacht werden als vom Gros der Premierengäste vermutet: Zweieinhalb pausenlose Stunden dauerte der Berliner Saison-Aufschlag. Womit wir auch schon wieder beim Altbekannten wären.

Die Premiere war ursprünglich für März geplant

Was das Bühnengeschehen betrifft, könnte man sogar von einem Déjà-vu sprechen: Der Autor und Regisseur Alexander Eisenach, der die Berliner Theatersaison bereits im letzten Jahr mit einer sehr eigenen „Felix Krull“-Variante am BE eröffnet hatte, gibt seinen Einstand in der Volksbühne mit dem „Kaiser von Kalifornien“. Es handelt sich um eine ursprünglich für März geplante Aufführung, deren Artverwandtschaft zum „Krull“ zumindest hinsichtlich des Textsounds deutlich spürbar ist.

Eisenach nimmt sich immer große Brückenschläge vor: Am BE suchte er im Thomas Mann’schen Hochstapler den Vorboten des zeitgeistigen Influencers. Beim „Kaiser von Kalifornien“, der sich vom gleichnamigen Luis-Trenker-Film abstößt, bilden Kolonialismus und Goldgräberstimmung anno 1848 die Folie für eine finanzökonomische Gegenwartsbefragung. Im Prinzip keine schlechte Idee, den Film und dessen historisches Vorbild, den Schweizer Johann August Sutter, zum Ausgangspunkt für aktuelle Globalüberlegungen zu nehmen. In Sutters Privatkolonie Neu-Helvetien nördlich von San Francisco begann 1848 mit dem Fund eines Goldnuggets der kalifornische Goldrausch.

Die Darsteller ackern sich durch den Text

Aber leider klingen Eisenachs Texte eher nach Seminar als nach Bühne. Die gewaltigen Mittel, die er inszenatorisch auffährt – Livevideo auf flächendeckendem Gazevorhang, treibender Percussion-Sound der Musiker Sven Michelson und Niklas Kraft – können den drögen Lehrcharakter des Abends nicht kompensieren. Bühnenbildner Daniel Wollenzin hat ein riesiges Mühlrad gebaut, das wiederholt als „Hamsterrad der Geschichte“ vorgestellt wird und nebenbei natürlich auch mit dem Symbol des Hauses, dem Räuberrad, flirtet. Vor allem passt dieses Rad-Bild gut dazu, wie die Schauspieler, von Johanna Bantzer über Manolo Bertling bis zu Jella Haase und Robert Kuchenbuch, sich durch die Texte ackern – und wird hoffentlich nicht zum Sinnbild der Saison. Christine Wahl

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