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Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator in Berlin, in seinem Büro in der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

© Fabian Sommer/dpa

„Völlig überhitzter Gewerbeimmobilienmarkt“: Kultursenator Lederer stellt Atelier-Hilfsplan vor

Das Bündnis „Kultur Räume Berlin“ soll 2000 bezahlbare Räume für Kulturschaffende sichern, 250 davon fehlen noch. Doch selbst das dürfte nicht reichen.

Längst ist es in Berlin, einst Stadt der kreativen Freiräume, eng geworden: Die steigenden Miet- und Immobilienpreise setzen auch der Kunst- und Kulturszene zu. Das Bündnis „Kultur Räume Berlin“ soll bezahlbare Räume für Kulturschaffende sichern und damit der Verdrängung entgegenwirken.

Insofern ist der für die Pressekonferenz des Bündnisses gewählte Ort auch eine Verheißung: Berlins Kultursenator Klaus Lederer, dessen Senatsverwaltung das Bündnis initiiert hat, sitzt am Montagvormittag in einem lichtdurchfluteten Loft, in dem ausreichend Platz für Corona-Abstand zwischen den Teilnehmer:innen ist. Die Rettung der Hauptstadtkultur findet im Herzen der Stadt statt – das suggerieren zumindest die Backsteine hinter bodentiefen Fenstern.

„Wir merken, dass die Verdrängung in der Stadt eine Intensität erreicht hat“, die dazu führt, dass eine „kulturelle Verarmung unserer Stadt“ drohe, sagt der Kultursenator, der in seiner Amtszeit einen Schwerpunkt auf die Szene abseits der großen Institutionen legt. Steigende Mieten oder, wie Lederer es ausdrückt, ein „völlig überhitzter Gewerbeimmobilienmarkt“ verdränge Kulturschaffende. Zuletzt habe die Pandemie deutlich gemacht, dass sie „eine vulnerable Gruppe sind“, für die Hilfen zu spät oder gar nicht greifen würden.

Das Bündnis besteht aus sechs Akteuren aus Verwaltung, Kulturszene und Immobilienwirtschaft – etwa der BIM GmbH, die die landeseigenen Immobilien verwaltet. Das Ziel: Bis Ende 2021 sollen der freien Szene 2000 subventionierte Räume zur Verfügung stehen. Zwar decke das Lederer zufolge „keinesfalls“ den Bedarf, der ihm zufolge schätzungsweise doppelt so hoch sein dürfte.

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„Wir lösen das Problem eines kapitalgetriebenen Immobilienmarkts damit nicht“, sagte der Linken-Politiker weiter, man nutze aber „die Spielräume aus, die wir als Land haben.“

Schon vorher gab es Räume, ein Teil wird neu geschaffen

Derzeit, berichtete Klaus Lederer, miete die Senatsverwaltung für Kultur 1150 Arbeitsräume für Kulturschaffende und habe 600 hergerichtet. Aktuell verfügt sie also über 1750 Räume.

Aus den Zahlen geht hervor: Um die bis zur Wahl im Herbst anvisierte Marke von 2000 Räumen zu erreichen, fehlen 250 Räume. 500 weitere seien „in der Mache“, sagte Lederer auf der Pressekonferenz. Von diesen sollten laut einem Sprecher der Senatsverwaltung noch „eine ganze Reihe fertig werden“, die 2000 werde man jedoch vermutlich nicht ganz erreichen.

Parallel fallen immer mehr Räume weg - wie viele, ist unklar

Nicht in der Rechnung berücksichtigt sind wegfallende Räume, etwa durch Verdrängung. Denkbar ist auch, dass Kulturschaffende privat gemietete Räume aufgeben, die danach nicht wieder an Künstler:innen vermietet werden.

Dass die große Herausforderung zum Teil darin bestehe, dass parallel zu neu geschaffenen Räumen an anderer Stelle welche wegfallen, betont auch Berlins Atelierbeauftragter Martin Schwegmann gegenüber dem Tagesspiegel. Als Mitglied des Berufsverbands Bildender Künstler*innen (bbk) ist er ebenfalls Teil des Bündnisses.

Berlins Atelierbeauftragter: Zusätzliche Räume dürfen nicht ausschließlich in der Peripherie entstehen

Schwegmann begrüßt die Initiative, merkt aber an, dass eine alleinige Konzentration auf öffentlich geförderte Ateliers zu kurz greife. Es müssten außerdem neue Instrumente geschaffen werden, „bestehende Standorte dezentral und unbürokratisch zu unterstützen“.

Schwegmann zufolge sei es zudem wichtig, auf die Standort-Bedürfnisse der Szene einzugehen. Auf ein innerstädtisches Atelier kämen derzeit rund 100 Bewerbungen, auf eines in einem Randbezirk teilweise nur zwei – laut Schwegmann ein Zeichen dafür, dass sich Räume in der Peripherie nicht für alle Künstler:innen eignen. Außerdem müsse das Mitwirken des Abgeordnetenhauses generell „besser gewährleistet werden“, sagte der Atelierbeauftragte Schwegmann.

Dahinter steht womöglich die Sorge, dass die freie Szene vom Wohlwollen zukünftiger Regierungskoalitionen abhängig sein könnte. Wer einen von dem Bündnis vergebenen Raum anmieten möchte, muss professionelle:r Künstler:in sein und in Berlin leben, auch „Dringlichkeit“ sei laut Tatjana Kaube von der Kulturraum Berlin GmbH ein Vergabefaktor, teilweise auch das Einkommen. Jurys vergeben die Räume, Kostenpunkt: traumhafte vier bis fünf Euro pro Quadratmeter.

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