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Dirigent Vladimir Jurowski.

© Kai Bienert

Vladimir Jurowski dirigiert Brahms-Requiem: Ich sage euch ein Geheimnis

Der Trost der Hinterbliebenen: Vladimir Jurowski leitet das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin durch Brahms' Deutsches Requiem.

„Wie lieblich sind deine Wohnungen“: Bei dem Textzitat aus dem 84. Psalm denkt der Kenner und Musikliebhaber an das Deutsche Requiem von Johannes Brahms. Darin ist es der ilyllisch gestimmte vierte Satz, dolce zu singen.

Jenem großen Chorwerk, dem Hauptstück eines Konzertes mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester unter seinem Chefdirigenten Vladimir Jurowski, werden zwei historische Psalmvertonungen vorangestellt, deren Texte bei Brahms wiederkehren.

Sie stammen aus den „Psalmen Davids“ und der „Geistlichen Chormusik“ von Heinrich Schütz, dem überragenden Meister des deutschen Frühbarocks.

Ein „Tondichter“ des Wortes. „Die mit Tränen säen“, das zweite Stück, versinnbildlicht Schmerz und Freude beinahe illustrativ, wenn musikalische Seufzer ins Tänzerische gleiten.

Brahms' Requiem mit dem Cantus Domus

Die beiden Stücke werden vom Cantus Domus aufgeführt, einem rührigen Konzertchor, der in den 23 Jahren seines Bestehens in internationalen Begegnungen gewachsen und gereift ist.

Seit seiner Gründung wird er von Ralf Sochaczewsky geleitet, einem Dirigenten, der durch die Schule von Christian Grube und Rolf Reuter gegangen ist.

In der Wiedergabe der Schütz-Werke hängt er in diesem Fall an einem tradierten A-cappella- Ideal, während Schütz sich instrumentale Mitwirkung vorgestellt hat. Ob achtstimmig oder fünfstimmig, der Chor intoniert so sauber und deutlich, wie sein Chef phrasiert und den Nachklang der Phrasenenden pflegt.

Zum Cantus Domus strömt erweiternd der Chor des Jungen Ensembles Berlin (Einstudierung: Vinzenz Weissenburger) auf das Podium der Philharmonie, so dass für das Brahms-Werk zusammen rund 150 Sänger und Sängerinnen aufgeboten werden.

Erstaunlich ist, wie dieser riesige vokale Klangkörper als eine dichte Einheit funktioniert. Die Menge der Kehlen gehorcht der sorgsam abstufenden Gestik Jurowskis.

Das RSB mit großer Besetzung

Anders als die Berliner Singakademie, die das Brahms-Requiem kürzlich mit dem Kammerorchester der Komischen Oper realisiert hat, lässt Vladimir Jurowski sein RSB in großer Besetzung mit sechs Kontrabässen spielen. Mit diesem Instrumentarium kann er prachtvoll crescendieren, bis volles Orchester fortissimo ertönt: „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras.“

Tempo- und Stimmungswechsel gelingen Jurowski auf Grund seiner Vorstellungskraft von innen heraus: „So seid nun geduldig, lieben Brüder“. Und wie der Dirigent den Chor dämpft, um das Pizzikato der tiefen Streicher zu hegen, ist ein Meisterstück an Ausgewogenheit: „Denn wir haben hier keine bleibende Statt.“

Maria Bengtsson, an allen drei Berliner Opernhäusern erfolgreich hervorgetretene Sängerin, leiht ihren Sopran klangbewusst dem langsamen Satz „Ihr habt nun Traurigkeit“.

Matthias Goerne, im Bühnenleben vom zauberhaft weisen Papageno zum Sarastro gelangt, eingeschlossen seine dramatischen Wagner-Partien, lässt alle diese Erfahrungen ahnen in seinem Baritonsolo. Bewegend predigt er aus dem Korintherbrief: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis.“

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