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 Die große Moschee in Tlemcen, im Nordwesten Algeriens, einst das Zentrum des Maghreb.

© Museum With No Frontiers

Virtuelle Reisen mit dem Museum With No Frontiers: Wüstenschlösserträume

Das Online-"Museum ohne Grenzen" lädt ein zur Entdeckung des islamischen Erbes im Mittelmeerraum. Eine Expedition.

Neues entdecken, Museumsstücke betrachten, ganz gleich, in welchem Land sie sich befinden und dann vielleicht dorthin reisen – das würden wir alle gerne. Aber obwohl solche Reisen in der Realität derzeit ausgeschlossen sind, sind sie zumindest im Internet möglich – das Museum With No Frontiers (MWNF, museumwnf.org) macht es möglich. Ein Schwerpunkt des virtuellen Museums liegt auf der Vermittlung islamischer Kunst, etwa mit der Ausstellung „Sharing History“, an der sich 22 Länder rund um das Mittelmeer und die jeweils wichtigsten Museen beteiligen.

Die Anfänge dieses virtuellen Museums, das von Eva Schubert gegründet wurde, gehen in das Jahr 1995 zurück. Das Internet steckte damals in den Kinderschuhen, aber Schubert erkannte die Möglichkeit der grenzenlosen Kommunikation. Zum Konzept des lange von der Europäischen Union finanzierten Projektes, gehörte es von Anfang an, zu den thematischen Ausstellungen auch Reisen mit einheimischen Partnern anzubieten. Dies ist nun wegen Corona wie auch wegen des Krieges in Syrien nicht mehr möglich.

Dafür wurde jetzt die „Reiseseite“ des virtuellen Museums neu konzipiert und technisch auf den neusten Stand gebracht. Die Website „Explore with MWNF“ (explore.museumwnf.org) lädt dazu ein, die Welt virtuell zu erkunden. Angesprochen werden nicht nur die, deren Reisen durch Corona vereitelt wurden, sondern auch diejenigen, die sich für die Kultur und Landschaften der Länder interessieren, denen aber das Geld für solche Reisen fehlt.

Im Mittelpunkt der neuen Website steht wieder das islamische Erbe im gesamten Mittelmeerraum – von Marokko über Nordafrika und die Türkei über Italien bis nach Portugal. Insgesamt werden 1203 Objekte an 445 Orten in elf Ländern besucht, Monumente, Bauwerke und archäologische Stätten.

Algier anklicken, dann die einzelnen Monumente - und schon kann man sie besuchen

Klickt man etwa auf Algerien, markiert eine interaktive Karte die besprochenen Orte. Darunter befinden sich grüne Kacheln mit den Namen der zu entdeckenden Plätze. Das ist die Herausforderung bei Explore MWNF – sich auf Namen einzulassen, von denen man vielleicht noch nie gehört hat. In Algerien mischen sich griechische, phönizische, römische, vandalische und muslimische Einflüsse unter Wahrung einer eigenen Identität. Klickt man Algier an, kommt zuerst eine Satellitenaufnahme der Stadt mit den markierten, interaktiven Monumenten, die man dann wieder einzeln anklicken kann, etwa die Djamaa a-Kabir, die Große Moschee, die unter den Almoraviden um 1097 errichtet wurde. Der Text dazu ist bisher nur auf Französisch zu lesen, Englisch soll aber nach und nach die dominierende Sprache werden.

Auch de Moschee Sidi Brahim in el-Ateuf kann man virtuell einen Besuch abstatten.
Auch de Moschee Sidi Brahim in el-Ateuf kann man virtuell einen Besuch abstatten.

© Museum With No Frontiers

Verfasst wurden die Erklärungen zu den Bauwerken jeweils von Kuratoren und Wissenschaftlern des Partnerlandes. Und so entdeckt man auch weitgehend Unbekanntes, etwa tief im Landesinnern den wunderschönen Komplex der Koranschule Sidi Boumediène in Al-Ubbad, wo der berühmte Historiker und Soziologe Ibn Khaldoun (1332-1406) gelehrt hat.

Explore with MWNF“ ist eine Einladung, in unbekannte Welten vorzustoßen. So klickt man sich durch die elf Länder, eine interaktive Übersichtskarte zeigt die besprochenen Orte an, die sich wiederum anklicken lassen. Hat der Ort mehr zu bieten, fächert er sich wieder in die einzelnen Monumente auf. Man kann die islamische Welt thematisch, nach Land oder Reiseroute entdecken.

 Das Mausoleum und Minarett Sidi Abderahmane in Algier.
Das Mausoleum und Minarett Sidi Abderahmane in Algier.

© Museum With No Frontiers

Will man statt nach Algerien lieber nach Portugal reisen, so kann man auf der virtuellen Tour 296 Monumente an 126 Standorten kennenlernen und die unterschiedlichen Einflüsse auf die Kultur des Landes studieren. Im Mittelpunkt stehen hier die muslimischen Einflüsse und die Mischformen des Mudejar-Stils, wie etwa in der Burg von Alandroal von 1298. Noch heute sind die zinnenbewehrten Mauern zu sehen.

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Bei bedeutenden Bauwerken wird auf die Datenbank von MWNF verwiesen und auf die Bücher des MWNF, die man auch als eBook herunterladen kann. Ein weiteres großes Kapitel der Website ist dem Barock in Deutschland, Österreich, Kroatien, Tschechien, Ungarn, Italien und Portugal gewidmet. Auch hier war es den Kuratoren wichtig, weniger bekannte Orte mit ihren Bauwerken vorzustellen. So wächst das Verständnis dafür, dass Kulturen schon immer Grenzen überwunden und damit Gemeinsamkeiten geschaffen haben.

Die Website, die jetzt vom Barakat Trust in London unterstützt wird, bietet überdies komplette Reiserouten an, nach Tagesetappen portioniert. Sollte das Reisen nach der Pandemie wieder möglich sein, kann man sich jetzt schon virtuell inspirieren lassen. Auf dem Programm steht zum Beispiel eine siebentägige Reise auf den Spuren der Ummayaden in Jordanien: Die Route führt von Amman mit dem Umayyadenpalast und dem Archäologischen Museum über das weniger bekannte Weltkulturerbe von Umm er-Rasas mit seinem römischen Fort bis zu den zahlreichen so genannten „Wüstenschlössern“ der Ummayaden, zu denen Mafraq, Qasr al-Hallabat und Al Qastal gehören.
So gewinnt man bereits am Computer vielfältige Einblicke und kann sich in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft bestens vorbereitet auf den Weg machen.

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