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Das Kuppelreliquiar (Ende 12. Jahrhundert) ist Teil des Welfenschatzes, eine der Hauptattraktionen der Berliner Museen.

© Foto: Stephanie Pilick/dpa

Verstoß gegen das Völkerrecht?: Der U.S. Supreme Court befasst sich mit Welfenschatz

Der Rechtsstreit dreht sich um die Frage, ob der Verkauf der mittelalterlichen Sakralkunst im Jahr 1935 als Verstoß gegen das Völkerrecht zu bewerten ist.

Der Rechtsstreit um das Eigentum am Welfenschatz geht in die nächste Runde. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird den Obersten Gerichtshof der USA anrufen (Supreme Court), um die vor einem US-Gericht anhängige Klage auf Herausgabe des Welfenschatzes abzuweisen. Begründet wird dieser Schritt mit der Unzuständigkeit amerikanischer Gerichte.

Der Welfenschatz ist eine Sammlung mittelalterlicher Sakralkunst, die im Kunstgewerbemuseum der Staatliche Museen bewahrt wird. Der 42 Arbeiten umfassende Schatz wurde 1935 von einem Händlerkonsortium erworben; er befand sich damals im niederländischen Amsterdam. Die Verhandlungen über den Ankauf reichen zurück in die Zeit vor der Machtübernahme der Nazis. Der Kaufpreis in Höhe von 4,2 Millionen Reichsmark wurde den Händlern ausbezahlt. Einer der Händler bedankte sich später mit dem Geschenk einer weiteren Preziose.

Die Erben zweier Mitglieder des Konsortiums – deren geschäftliche Beziehungen untereinander und damit auch die Eigentumsansprüche vor dem Verkauf unklar sind – beanspruchen die Herausgabe des Schatzes als „verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut“ nach den Washingtoner Richtlinien. Der Antrag wurde von der Beratenden Kommission, der sogenannten Limbach-Kommission, geprüft und verworfen. Demnach lag kein Entzug des zum Zeitpunkt der Veräußerung außerhalb Deutschlands befindlichen Schatzes vor, ebenso wenig die Vorenthaltung des im Übrigen für damalige Verhältnisse hohen Kaufpreises.

Grundsatz der Staatenimmunität

Daraufhin reichten die Erben und ihre Anwalte beim Bezirksgericht Washington Klage auf Herausgabe ein. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) beantragte die Abweisung der Klage wegen Nichtzuständigkeit eines amerikanischen Gerichts. Dem gaben jedoch weder das Bezirksgericht noch die Berufungsinstanz statt, sodass die SPK nunmehr beim U.S. Supreme Court beantragen wird, diese Entscheidung zu revidieren und die Klage der Erben abzuweisen.

Im Völkerrecht gilt der Grundsatz der Staatenimmunität: Kein Staat kann vor dem Gericht eines Drittstaates angeklagt werden. Nach amerikanischem Recht infolge der Washingtoner Prinzipien jedoch kann sich ein US-Gericht unter anderem bei völkerrechtswidrigen Ereignissen, vulgo Nazi-Raubkunst, für zuständig erklären. Demnach müsste bei dem Vertrag von 1935 zwischen dem Land Preußen und deutschen Staatsangehörigen, einem innerstaatlichen Rechtsgeschäft, Völkerrechtswidrigkeit vorliegen, etwa die Beraubung der jüdischen Vorbesitzer. Genau das bestreitet die SPK und hat ihre Auffassung von der Limbach-Kommission bestätigt gefunden. Vor diese materielle Seite der Rechtsfindung kommt jedoch die formelle der Zuständigkeit, bei der sich der Supreme Court in vorangehenden Fällen an die diesbezüglichen Vorbehalte der US-Regierung gehalten hat.

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