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Das Rheintal und der Loreleyfelsen, aufgenommen vom Aussichtspunkt Maria Ruh.

© dpa

Unesco-Weltkultur in Gefahr: Darum ist die Loreley so traurig

Das Obere Mittelrheintal gehört seit 2002 zum Unesco-Weltkulturerbe. Nun könnte es seinen Status verlieren - wegen einer Brücke.

Die Loreley, ein Schieferfelsen, der am rechten Rheinufer bei Sankt Goarshausen 132 Meter aufragt, ist vielleicht der sagenhafteste deutsche Sehnsuchtsort. Der Fluss nimmt hier ein Kurve, die Navigation ist schwierig, immer wieder sollen Schiffe verunglückt sein, weil der Gesang einer Nymphe den Steuermann vom Kurs abbrachte. „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,dass ich so traurig bin“, dichtete seufzend Heinrich Heine, um dann das „Märchen aus alten Zeiten“ zu erzählen, das tragisch endet. „Ich glaube, die Wellen verschlingen / am Ende Schiffer und Kahn; / und das hat mit ihrem Singen / die Lore-Ley getan.“

Verschlungen von den Wellen

Anlass traurig zu sein haben nun die Freunde deutscher Burg-, Berg und Flussschönheit, doch anders als Heine wissen sie auch warum. Denn das Obere Mittelrheintal, das sich von Bingen und Rüdesheim über 67 Kilometer durchs Rheinische Schiefergebirge bis Koblenz erstreckt, droht seinen Status als Weltkulturerbe zu verlieren. Das geht aus dem World Heritage Watch Report hervor, den die gleichnamige zivilgesellschaftliche Organisation am Wochenende veröffentlichte. Kritisiert wird im Bericht die weithin sichtbare Überbauung des Loreleyfelsens und der ständig wachsende Bahnlärm, vor allem aber Brückenbaupläne. Die Region wurde 2002 in die Weltkulturliste aufgenommen, doch seit 2007 wird, allen Protesten von Natur- und Denkmalschützern zum Trotz, am Plan einer Mittelrheinbrücke gearbeitet, die St. Goar und St. Goarshausen verbinden soll.

Politik für Autofahrer

Offenbar fühlt sich die Unesco von den rheinland-pfälzischen Landespolitikern getäuscht. Zwar hatte die Technische Hochschule Aachen 2009 in einer Expertise dargelegt, dass der Bau in erster Linie lokale Ost-West-Verbindungen für Radfahrer und Fußgänger verbessern solle. Doch für die Weltkulturbehörde, so schreibt sie, sei „von Anfang an klar gewesen“, dass es um überregionale Verkehrsströme gehe, um die Autobahnanbindung der linksrheinischen Bundesstraße 9 und der rechtsrheinischen Bundesstraße 42. Davon würden unter anderem Besucher des Frankfurter Flughafens profitieren.

Probleme wie an der Elbe

Die Vorgänge im Rheinland erinnern fatal an Sachsen, wo dem Dresdner Elbtal 2009 wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke der Weltkulturerbe-Status aberkannt wurde. „Welchen Sinn hat es, ein Europäisches Kulturerbejahr zu begehen“, fragt Stephan Dömpke, Vorsitzender von World Heritage Watch, „wenn die deutschen Politiker nicht einmal gewillt sind, sich an die Verpflichtung zum Erhalt des Mittelrheintals zu halten?“ Warnsignale zu missachten, das wusste schon Heine, kann tödlich enden. Nicht mehr die Wellen, die Mensch und Schiff verschlingen, sind das Problem. Größere Gefahr geht von Stahl und Beton aus.

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