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Neuer Platz für das Exil-Museum? Die Ruine des Anhalter Bahnhofs in Kreuzberg.

© Doris Spiekermann-Klaas

Überraschende neue Pläne: Kommt das Exil-Museum an den Anhalter Bahnhof?

Neubau am Anhalter Bahnhof statt Fasanenstraße: Nach dem Ärger um das Käthe-Kollwitz-Museum überraschen die Initiatoren des Exil-Museums mit neuen Plänen.

Zunächst konnte es nicht schnell genug gehen, das Käthe-Kollwitz-Museum sollte raus aus seinen Räumen in der Fasanenstraße, damit das von einem privaten Verein geplante Exil-Museum dort einziehen kann. Die Folge war ein mittleres Beben, denn damit wurde eine Institution gegen die andere ausgespielt. Aber Vermieter Bernd Schultz, Mitbegründer des benachbarten Auktionshauses Grisebach und vor allem Initiator des Exil-Museums in spe, befand sich nicht nur juristisch im Recht, hatte er doch das Kollwitz-Museum durch eine überaus geringe Miete von 6 Euro pro Quadratmeter bislang stark unterstützt.

Die damals amtierende Direktorin Iris Berndt schmiss im vergangenen Jahr entnervt von dem Gerangel hin. Ihre beherztere Nachfolgerin Josephine Gabler ist dagegen von der Aussicht auf einen Umzug in eine mittlerweile gefundene Landesimmobilie in der Nähe von Schloss Charlottenburg, Bröhan- und Berggruen-Museum sowie der Sammlung Scharff-Gerstenberg angetan. Die dortigen Räume eignen sich besser. Außerdem dürfen Kollwitz & Co. noch bis Ende 2019 am alten Standort bleiben.

Danach hätte dort das Exil-Museum loslegen können. Die unglückliche Vorgeschichte seines Einzugs wäre irgendwann vergessen gewesen. Doch schon überraschen die Initiatoren mit neuen Plänen. Je mehr man sich mit dem Thema beschäftigt habe, desto klarer sei geworden, dass die Räume an der Fasanenstraße angesichts des Umfangs der Aufgabe für das Exil-Museum an der Fasanenstraße nicht ausreichen würden, hat jetzt Bernd Schultz der „Berliner Morgenpost“ erzählt. Ein bisschen spät, möchte man hinzufügen, nach all dem Ärger um das Kollwitz-Museum.

Das Museum würde die ruinöse Fassade bedrängen

Ein Neubau soll her, ein passender Ort dafür ist auf der Freifläche hinter der Ruine des Anhalter Bahnhofs auch schon gefunden. Im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks wurde das Projekt bereits vorgestellt, einer Änderung des Bebauungsplanes – der Umwidmung der dortigen Grün- in eine Bebauungsfläche für ein 5000 Quadratmeter großes Museum, wie vom Bauamt begrüßt – müssen nur noch die Ausschüsse der Bezirksverordnetenversammlung zustimmen. Erst im Anschluss daran soll zu einem Architekturwettbewerb eingeladen werden, damit sich die Bezirksverordneten nicht bevormundet fühlen, wie es heißt. Ersten Schätzungen zufolge könnte das Museum ab 2023 eröffnet werden.

Und wieder bekommt die Geschichte ein Geschmäckle, beweist der Gründerverein, der doch das Gute will, keine wirklich glückliche Hand. Sicher, der Anhalter Bahnhof ist eine markante Adresse für ein solches Projekt, von hier aus gingen viele nach London und Paris ins Exil. Allerdings würde ein Museum die freistehende ruinöse Fassade bedrängen, die auf ihre Art selbst ein Denkmal ist. Die von den Museumsinitiatoren zusätzlich angeführte Nähe zur Topographie des Terrors – hinzu kommt das gegenüberliegende Deutschlandhaus – als ein Ort, an dem der Verdrängung, ja der Verfolgung gedacht wird, leuchtet nicht wirklich ein.

Mäzenatisches Tun und privates Interesse

Stattdessen verweist dieses Argument darauf, an wie vielen Orten in Berlin eine Gedenkkultur gepflegt wird. Deutschlandweit widmen sich diverse Forschungsstellen, Sammlungen, Archive dem Thema. Gerade erst wurde in Los Angeles das Thomas-Mann-Haus eröffnet. In Berlin verarbeiten Häuser wie die Neue Nationalgalerie, das Deutsche Historische Museum oder die Berlinische Galerie mit fast jeder ihrer Ausstellungen den Verlust an Kultur durch die Vertreibung, auch das Stadtmuseum wird im Humboldt-Forum hier einen Schwerpunkt haben.

Fehlt also ein eigenes Exil-Museum? Bernd Schultz’ Engagement ist imponierend, als Anschubfinanzierung hat er Teile seiner Sammlung versteigern lassen. So viel Einsatz wünschte man sich für eine bestehende Institution, die sich bereits mit dem Thema beschäftigt, nicht für ein weiteres Haus, das absehbar vom Staat finanziert werden wird. Beim Exil- Museum geraten mäzenatisches Tun und privates Interesse zu dicht aneinander, ist zu befürchten. Die künftigen Einnahmen aus der Fasanenstraße sollen übrigens ins geplante Museum eingehen. Dort soll möglichst wieder eine Kulturinstitution einziehen, so Schultz.

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