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Javier Bardem und Laura Linney in „The Roads Not Taken“.

© Jeong Park / Bleecker Street

„The Roads Not Taken“ auf der Berlinale: Ein Film über verpasste Chancen, der eine verpasste Chance ist

Oscarpreisträger Xavier Bardem spielt in Sally Potters Wettbewerbsfilm einen demenzkranken Vater, der von seiner Tochter gepflegt wird.

Sein Blick geht ins Leere, oder nein, in eine geheimnisvolle Ferne. Manchmal stammelt er ein Wort, eine Silbe, ich verstehe dich nicht, sagt Leos Tochter.

Er bewegt sich wie in Zeitlupe, sein Wesen bleibt verschlossen, und Javier Bardems seltsame Gesichtszüge mit der schnurgeraden Linie von der Nase zur Stirn geben dieser chronischen Abwesenheit eine zusätzlich befremdliche Kontur. Wenigstens das.

Ohne Bardem gäbe es über Sally Potters Melodram „The Roads Not Taken“ eigentlich nichts Nennenswertes zu berichten. Auch wenn das nicht gelebte Leben natürlich ein großartiges Filmsujet ist.

Was hätte die britische Regisseurin nicht alles daraus machen können. In ihrem Kostümfilm „Orlando“ (1992) wusste sie den Flow, ja die Metamorphose zwischen Zeiten und Identitäten noch mit meisterlichem Eigensinn in Szene zu setzen.

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Ich bin viele: Leo in seiner schäbigen Bleibe in Brooklyn, vor deren Fenster die Subway rattert, ein Mann in den Fünfzigern.

Leo, der sich in seiner demenz-ähnlichen Krankheit hinüberfantasiert nach Mexiko, wo er mit der schönen Dolores (Salma Hayek) einen Sohn gehabt und diesen bei einem Autounfall verloren hätte, wo er trauern und sich entsetzlich schuldig fühlen würde, wäre er dortgeblieben und nicht eines Tages nach New York gegangen.

Die verworfene Existenz Nummer Drei: Leo als einsamer Schriftsteller auf einer griechischen Insel, der mit seinem Romanende hadert.

Vater und Tochter weinen gemeinsam

New York ist beige-grau, Mexiko rosarot, Griechenland in Blautönen gehalten. Während Tochter Molly (Elle Fanning) versucht, Leo zum Zahnarzt und zum Augenarzt zu bugsieren – wobei allerlei Malheurs geschehen –, wechselt die Story zwischen den drei Sphären hin und her.

[Der Film läuft am 27.2., 10 Uhr (HdBF) u. 13.15 Uhr (Friedrichstadtpalast); 1.3., 19.30 Uhr (HdBF)]

Aber nichts wird tatsächlich verblendet, höchstens dass sich mal Namen oder Geräusche hier wie dort wiederfinden. Die Fantasmen im Kopf, Erinnerungen, Schmerz, Sehnsucht, alles bleibt säuberlich voneinander geschieden. Am Ende weinen Vater und Tochter gemeinsam, eine Art Heimkehr.

Wie sagte Jeremy Irons bei der Jury-Pressekonferenz? Filmhelden sollen dem Publikum nichts vorweinen, sondern den Saal zum Weinen bringen.

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