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Der Schriftsteller und Reporter Takis Würger

© Sven Doering / Agentur Focus/Verlag Kein & Aber

Takis Würger: Nur nach festen Regeln

Zur Not geht es auch mit goldener Speedo-Badehose: Wie der Schweizer Verlag Kein & Aber seinen Autor Takis Würger und dessen Roman "Der Club" erfolgreich vermarktet.

Manchmal will auch der Literaturbetrieb cool sein. Dann veranstalten Verlage ihre Buchpremieren beispielsweise in der Berghain Kantine, wie neulich die von Fatma Aydemirs Roman „Ellbogen“. Vermutlich weil drei von Aydemirs Protagonistinnen einmal durchs nächtliche Berlin ziehen und in einem Club nicht am Türsteher vorbeikommen. Oder auch wie die von Rafael Horzons „weißem Buch“, weil Horzon halt eine coole Sau ist. Oder die von Jens Balzers Buch „Pop“, weil das nun wirklich nahelag und das Berghain quasi Balzers zweites Zuhause ist.

Manchmal gesellt sich zu dieser angestrebten Coolness noch etwas Geheimnistuerisch-Exklusives. So verschickte der Schweizer Verlag Kein & Aber vor ein paar Wochen Einladungen zu einer Buchpremiere, die in der kommenden Woche stattfindet – jedoch ohne den Ort zu nennen, zudem auf Englisch. Nachdem man sich quasi ins Blaue hinein angemeldet hatte, hieß es: „All further information on location and extravagance awaiting will follow shortly by email.“

Der Roman, der hier beworben und dessen Veröffentlichung solcherart gefeiert werden soll, stammt von dem 1985 im niedersächsischen Hohenhameln geborenen „Spiegel“-Reporter Takis Würger. Er heißt „Der Club“, spielt in Cambridge, ist eine Mischung aus Campus-, Geheimlogen- und Boxroman und erinnert ein bisschen an „Fight Club“, ein bisschen an Donna Tarts „Geheime Geschichte“. Es geht darin um eine Vergewaltigung, Rache und die Sitten und Unsitten rund um den Pitt Club, den es in Cambridge tatsächlich gibt. Und dem Würger angehört. Seit 2014 studiert er am St. John’s College in Cambridge. Zudem ist er Mitglied in einem Boxclub, im Hawk’s Club, „bei den Adonians und einer Drinking Society, deren Name hier nicht genannt werden darf. Verbrechen hat er in den Clubs keine begangen.“

Ob man dieses Buch wirklich zum Freund haben will?

All das steht dann in der letzten Einladung des Verlags, der Mitteilung über den Ort der „exklusiven Party“, es sind die Anlage und Räume eines Members-Only-Sports-und-Country-Clubs in Charlottenburg. „Sehr englisch, sehr konsequent und nach festen Regeln“ wolle man feiern, heißt es darin. Das Ganze beginnt also pünktlich, es gibt ausschließlich Wodka, Wasser, Gin und Champagner – und einen Dresscode: die Herren bitte im Smoking, zur Not macht es ein schwarzer Anzug, die Frauen im Kleid, „lang, kurz, Hauptsache wunderbar“. Und, Humor haben Würger und sein Verlag ja, „sollte diese Vorgabe auf Unverständnis stoßen, freuen wir uns auf goldene Speedo Badehosen, weiße Schlachterschürzen und Plastiklatschen.“

Ob auch schwarze Arena-Badeanzüge erlaubt sind? Im höchsten Maß „konsequent“ ist diese Veranstaltung mitsamt Einladung allemal. Unter den Aufnahmen von Männerbünden, (entweder älter, ganz in Schwarz, melonenwedelnd oder jung und im Hellblau des Pitt Clubs) und dem Hinweis auf einen Berliner Herrenausstatter finden sich zudem Links zu Erstmaßnahmen bei Alkoholvergiftung, zu Alkoholtests, einer Champagnermarke oder zu einer Website von Rolls Royce, um nicht zuletzt zu suggerieren, dass es womöglich einen Fahrdienst gibt.

Ist das nun übertrieben? Gezielt overdone? Oder wirklich lustig? Sicher guter alter Zitatpop. Man fühlt sich an die hohe Zeit der Popliteratur erinnert, als Christian Kracht, Joachim Bessing und Co ihre Plaudereien im Adlon zu Papier brachten oder Bücher eines Eckhart Nickel im Savoy-Hotel vorgestellt wurden. Dazu passend hat Benjamin von Stuckrad-Barre werbende Worte für das Cover von Würgers Roman geliefert, nämlich dass dessen „zauberzarte Geschichte ein Buch“ sei, „das man zum Freund will.“

So viel Zauber und so viel Zartheit stecken darin nicht, das lässt sich an dieser Stelle sagen. Auch das mit der Freundschaft und der Wahrheit und auf was es wirklich im Leben ankommt, wird von Würger mit ein paar Holzhammerschlägen zu viel in seinen trotz allem lesbaren späten Pop-Roman gehauen. Fragt sich nur noch, ob dieses Exklusivpartybrimborium dessen Erfolg förderlich ist – und ob Cambridge nicht der noch viel exklusivere und sowieso angemessenere Ort gewesen wäre, um „Der Club“ zu feiern?

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