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Leserjury-Preisträger Julien Faraut aus Paris mit den Jurorinnen und Juroren des Tagesspiegels.

© chp

Tagesspiegel-Leserjury: Leserjury-Preis für Forums-Film "L'empire de la perfection"

Die Leserjury des Tagesspiegels hat alle 35 Weltpremieren des Forums gesehen. Und einen ungewöhnlichen Dokumentarfilm über den Tennisstar John McEnroe ausgezeichnet: Julien Farauts "L'empire de perfection"

Sie haben gelacht, gestritten und sogar ein bisschen geweint. Die abschließende Diskussion der Tagesspiegel-Leserjury um den besten Film des Forums in diesem Jahre geriet sehr emotional. Innerhalb von acht Tagen haben die neun Mitglieder sämtliche Weltpremieren des Internationalen Forums gesehen, bis zu fünf Filme am Tag, 35 Beiträge insgesamt. Am Ende stehen drei Filme in der engeren Wahl, alle zeichnet eine gewisse Poetik aus – zumindest darin ist sich die Jury einig.

Der eine Film ist dann nach über zwei Stunden gefunden, in denen Jury-Mitglied Guillaume Bazan immer wieder mahnt, sich nicht auf einen Kompromiss einzulassen. Von Anfang an war er der Strengste bei dieser kollektiven Berlinale-Intensiverfahrung, am liebsten möchte er jeden Filme diskutieren Schließlich ist es geschafft. Julien Farauts „L’empire de la perfection“ („In the Realm of Perfection“) aus Frankreich wird mit großer Mehrheit zum Siegerfilm gekürt. Ein Dokumentarfilm über das Tennisspiel John McEnroes in den 80er Jahren, das Psychogramm eines Perfektionisten: Während der French Open wird er zum Helden, Subjekt, Regisseur auf dem Platz. „L’empire de la perfection“ wirf einen verblüffenden Blick auf die Parallelen von Film und Spiel, wie es im Forums-Programm heißt.

Die Leserjury ist fasziniert davon, in ihrer Begründung würdigt sie vor allem den feinen Humor und die Leichtfüßigkeit des Films sowie Farauts Vermengung der Genres – vom Western über den Lehrfilm bis zu Oper und Psychogramm. Jurorin Gabriele Breuer hat sich besonders über die Reminiszenz an Miloš Formans „Amadeus“ gefreut, einen ihrer Lieblingsfilme.

John McEnroe, ein Bild aus den Achtzigern, in "L'empire de perfection"
John McEnroe, ein Bild aus den Achtzigern, in "L'empire de perfection"

© Ufo Productions

„Eindrucksvoll befasst sich der Film mit den Obsessionen des Filmemachers, des Sportlers und jedes Menschen, der um Perfektion kämpft“, schreibt die Jury. „Augenzwinkernd, ohne belehrend zu sein, geht es in vielen Sinnbildern und Metaphern um das Beherrschen der Zeit, im Film, im Sport, im Leben. Filme können lügen, die Zeit nicht?!“ Der Regisseur, Jahrgang 1978, ist für die Preisverleihung der unabhängigen Jurys am Samstagmittag im Hyatt Hotel eigens aus Paris wieder angereist. Eigentlich, erzählt er, wollte er gerade mit seiner Frau zum Skifahren in die Berge aufbrechen. Schon als Forums-Chef Christoph Terhechte ihm mitteilte, dass sein Film eingeladen sei, habe , habe er am Telefon gesagt: Das ist nicht dein Ernst. Als er jetzt die Nachricht erhielt, er möge wegen des Leser-Preises doch bitte zurückkommen, habe er den Satz wiederholt. Faraut, der sich bereits in etlichen Produktionen mit den geheimen Verbindungen von Film, Sport und Kunst beschäftigt hat, freut sich nicht zuletzt über diesen Publikumspreis, weil er immer wieder von Produzenten zu hören bekommt, seine Filme seien zu anspruchsvoll, so klug seien die Zuschauer nicht. Er ist da anderer Meinung.

Der Pariser Regisseur Julien Faraut bei der Preisverleihung.
Der Pariser Regisseur Julien Faraut bei der Preisverleihung.

© chp

Ermattung nach 35 Filmen am Ende der 68. Berlinale? Juror Wolfram Irmer spricht von ersten Entzugserscheinungen, Martin Boschmann leistet sich einen bezeichnenden Versprecher: „Wir kennen uns ja jetzt auch 10 Jahre, äh 10 Tage.“
"L'empire de la perfection“ ist in Anwesenheit des Regisseurs und der Leserjury an diesem Sonntagabend um 19 Uhr nochmals in der Akademie der Künste am Hanseatenweg zu sehen. Es gibt Restkarten.

Sarah Kugler

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