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Der Streit um den Umzug der Gemäldegalerie geht weiter.

© dpa

Streit um Gemäldegalerie-Umzug: In Berlin toben die Kunst-Wutbürger

Die Umzugspläne für die Gemäldegalerie erregen Unmut bei vielen Kunstliebhabern in Berlin. Denn immer länger werden die Zeiträume, in denen gebaut, geschlossen, vertröstet werden muss. Vor 2020 ist kein Ende abzusehen.

Nie hatte die Berliner Gemäldegalerie so viele Freunde wie heute. Bald werden es zehntausend sein, die sich per Unterschriftsliste für ihre Erhaltung aussprechen. Und zwar so, wie sie ist, in diesem Gebäude, das eigens für die 1300 dort gezeigten Gemälde des 13. bis 18. Jahrhunderts entworfen wurde.

1998 wurde das Haus eröffnet. Und jetzt, nur 14 Jahre später, plant die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Dacheinrichtung der 17 Staatlichen Museen zu Berlin, den Komplettumzug der Alten Meister – ja, wohin? Teils ins Bode-Museum – großenteils aber in Warteposition, in Ausweichquartieren oder gar im Depot. Aus dem einfachen Grund, um Platz zu schaffen für die Kunst des 20. Jahrhunderts, die überquillt, die verstreut gezeigt wird oder, wie manche erhoffte Schenkung privater Sammler, auf Präsentation drängt.

Die Umzugspläne erregen – gelinde gesagt – Unmut. Der Wutbürger ist zur Stelle. Denn erneut geht es ums Bewahren. Die Alten Meister sollen bleiben, wo sie nach Jahrzehnten ihre endgültige Heimstatt gefunden zu haben glaubten. Das von außen unscheinbare, im Inneren aber maßgeschneiderte Haus am  Kulturforum soll nicht, so die Kritik, für die vage Hoffnung hergegeben werden, die Politik werde schon Geld für eine neue Gemäldegalerie spendieren, diesmal in Nachbarschaft zum Bode-Museum, mit dem der Neubau ein Zwillingspaar bilden soll.

Bewahren wollen, was man hat und was eben noch als Ideallösung galt, ist das schlechteste Motiv nicht. Ein ebenso ehrenwertes Motiv ist die Absicht der Preußenstiftung, Gemälde und Skulpturen endlich zu vereinen und die unhistorische Trennung der Gattungen zu beseitigen. Wilhelm von Bode, der Namensgeber des von ihm geschaffenen Museums, hat es ab 1904 vorgemacht. Dabei galt ebendies den Stiftungsverantwortlichen der 1990er Jahre noch als Teufelszeug.

Gebaut, geschlossen, vertröstet

Im gegenwärtigen, eher noch anschwellenden Streit gehen die Argumente allerdings quer durcheinander. Da stehen sich nicht zwei unversöhnliche Fraktionen gegenüber, sondern wechselnde Verbündete. Die einen wollen die Gemälde bewahren, schenken jedoch den zeitgleichen Skulpturen von Gotik bis Barock keine Beachtung. Andere drängen auf das 20. Jahrhundert und die in ihrem Raumbedarf unersättliche Gegenwartskunst. Allein mit ihr könne das als West-Berliner Erbe geschmähte Kulturforum zum Besuchermagneten erblühen.

Allen gemeinsam aber ist ein tiefes Unbehagen gegenüber der dichten Folge von „Masterplänen“, die seit Jahren in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erdacht und verfolgt werden. Welcher interessierte Bürger wüsste sie noch im Einzelnen zu unterscheiden? Immer neue Sammlungsumzüge werden betrieben, weitere Riesensummen an Baumitteln gefordert. Manches, wie das Humboldt-Forum, ist noch nicht einmal auf den Zeichentischen zu Ende geführt. Und wenn schon Umzug der Alten Meister – warum nicht komplett dorthin, wo der Ursprung der Berliner Museen liegt, ins Schloss?

Immer länger werden die Zeiträume, in denen gebaut, geschlossen, vertröstet werden muss. Vor 2020 ist selbst bei allerbestem Verlauf kein Ende abzusehen. Dann liegt die Wiedervereinigung der Berliner Staatlichen Museen, dieser Glücksfall ihrer Geschichte, glatte drei Jahrzehnte zurück. Haben frühere Generationen denn alles immer nur falsch gemacht?

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