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Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte.

© imago/Hohlfeld

Streit um die Berliner Volksbühne: Alternative für Dercon

Neuanfang? Neuer Ärger? Oder ewige Endspiele? Die Volksbühne bleibt lebendig.

Das waren mal wieder bewegte Volksbühnenwochen. Neuigkeitswert: praktisch null. Erregungslevel: solider Mittelwert, Tendenz leicht abnehmend. Aber da hat man sich schon oft getäuscht. Denn die Volksbühne ist selbst als Untote noch lebendiger als andere Bühnen in dieser oder jener Stadt.

Kleine Chronik der stagnierenden Ereignisse: Der designierte Kultursenator Klaus Lederer von der Linken denkt mal laut darüber nach, den Vertrag mit dem designierten Volksbühnen-Intendanten Chris Dercon zu überprüfen. Schon keimt bei der Volksbühnenpartei AfD („Alternative für Dercon“) die Hoffnung auf, das Schlimmste doch noch zu verhindern und den Ausverkauf des (gar nicht mehr existierenden) Ensembletheaters zu stoppen. Faktencheck: Kaum mehr eine Handvoll Unkündbarer gibt es dort am Haus, die anderen sind mehr oder weniger regelmäßige und natürlich gern gesehene Gäste. Die Volksbühne ist eine Familie mit losen Banden, man kommt, man geht, und Patriarch Frank Castorf übt schon fleißig für die Zeit, da er ein freier Regisseur sein wird. Alles gut?

Nicht jeder sieht die Realitäten gern. Wo bloß ist das Schlupfloch, die Lücke, durch die man Dercon doch noch loswerden könnte? Aber da erinnert sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller, dass er den Neuen selbst berufen hat, und macht Lederer einen Strich durch die Rechnung. Allerdings einen so dünnen, dass man schon sehr genau hinschauen muss. Immerhin, von Lederer ward seitdem nichts mehr gehört. Muss diese Woche erst mal ins Amt kommen. Und hat einen schwierigen Job: Egal was er im Fall Volksbühne macht, er bekommt Ärger.

Nichts Neues derweil von Dercon, der in aller Ruhe – so hofft man ja – einen Wahnsinnsspielplan zusammenbaut. Jetzt wartet er natürlich darauf, ob er das Geld für die neue Spielstätte im alten Flughafen Tempelhof wirklich bekommt. Oder ob das bloß eine – wie hieß das früher gleich in der Kulturpolitik? – Bemühenszusage war. Zu den Unterstützern der „Alternative für Dercon“ gehört die „Berliner Zeitung“. Sie hat am Freitag in einem Interview mit Ulrich Khuon, dem Intendanten des Deutschen Theaters, eruiert, wie Dercon abzusetzen wäre, wenn ...? Khuon hat auch seine Bedenken, lässt sich aber auf das Spiel nicht ein und meint, „im Grunde ist ein Paradigmenwechsel, wie er mit Dercon versucht wird, gar nicht schlecht, aber ...“.

Kann man den Volksbühnentöter mal ohne Wenn und Aber arbeiten lassen? Nö, nicht in Berlin. So haben wir das hier noch nie gemacht. Im „Spiegel“ schreibt Wolfgang Höbel: „Es ist höchste Zeit, dass Chris Dercon dieses Haus übernimmt.“ Er hat die Nase voll von den Volksbühnenendspielen. Die laufen nun garantiert noch bis Juni 2017. Mindestens.

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