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Der 1930 geborene Komponist und Texter Stephen Sondheim.

© Armando Gallo/Imago

Stephen Sondheim zum 90. Geburtstag: Eine Bühne für dieses seltsame Amerika

Er schrieb die Liedtexte der „West Side Story“, gewann zahlreiche Grammys, Tonys und einen Oscar. Jetzt wird der Musicalkomponist- und texter Stephen Sondheim 90 Jahre alt.

Wenn das bloß möglich wäre. Einfach die Clowns reinzuschicken, wenn im Leben nichts mehr rundläuft. Wenn ein Liebespaar sich entfremdet, auseinanderdriftet, nicht mehr zusammenfindet.

Den Trick aus dem guten alten Vaudeville, auf der Bühne Schabernack zu treiben, wenn die Show zu misslingen droht, den hat Stephen Sondheim 1973 in eine bittersüße Ballade verpackt: „Send In the Clowns“. Barbra Streisand hat daraus einen Tränenzieher sondergleichen gemacht, Frank Sinatra und Judi Dench gingen den Song lakonischer an.

Er bezeichnet sich als ein "Produkt des Broadway"

Auf jeden Fall mauserte sich die Nummer aus dem Musical „A Little Night Music“ zu einem sagenhaften Evergreen, die prompt einen Grammy als Song des Jahres gewann.

Stephen Sondheim, geboren am 22. März 1930 in New York City und bis heute wohnhaft in einem Townhouse in Manhattan, ist einer der wichtigsten Musicalautoren überhaupt. Es sei schwer, Sondheims Einfluss auf das amerikanische Musiktheater überzubewerten, schreibt die „New York Times“ über den Texter und Komponisten. Er selbst bezeichnet sich als „Produkt des Broadway“.

Durchbruch mit der „West Side Story“

Tatsächlich ist es die Kindheitsfreundschaft mit James Hammerstein, die früh die Weichen für seine Karriere stellt. Dessen Vater, der berühmte Librettist, Komponist und Musicalproduzent Oscar Hammerstein II, wird Stephen Sondheims Mentor und ebnet ihm den Weg in den Branche.

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Den Durchbruch schafft er mit 25 Jahren, als er 1959 die Liedtexte für Leonard Bernsteins „West Side Story“ schreibt. Die ironischen Zeilen, mit der die Einwanderer aus Puerto Rico ihre neue Heimat besingen, werden unvergesslich: „I like to be in America / okay by me in America /everything free in America/ for a small fee in America.“

Besonders erfolgreich wurden „Assassins“ und „Sweeney Todd“

Süffige Melodien vor dem Hintergrund komplexer harmonischer Strukturen: Dieser Stil zeichnet den Komponisten Sondheim aus, der beim einflussreichen Musiktheoretiker und Mathematiker Milton Babbitt studiert hat. „A Funny Thing Happened on the Way to the Forum“ hieß das erste Broadway-Musical, für das Stephen Sondheim 1962 Musik und Text schrieb. Besonders erfolgreich wurden „Assassins“, „Sunday in the Park with George“, „Sweeney Todd“.

Die schwarzhumorige Story um einen blutrünstigen Londoner Barbier hat Tim Burton 2007 mit Johnny Depp in der Hauptrolle verfilmt. Und Sondheims ironisches Märchen-Mash-Up „Into the Woods“ hat Disney erst vor wenigen Jahren mit Meryl Streep als Fantasy-Musical verfilmt. Auch in Europa gehören die abgründigen Sondheim-Klassiker inzwischen zum Musical-Stammrepertoire der Stadttheater.

"So viel Publikum wie möglich", wünscht er sich

Vom Oscar über den Pulitzer Preis bis hin zu zahllosen Tony- und Grammy Awards hat Stephen Sondheim alle Auszeichnungen der Unterhaltungsbranche gewonnen. Auch im hohen Alter arbeitet er weiter. „Ich bin ein Kollaborations-Tier“, sagte er jüngst der „New York Times“. „Meine Ideen entstehen oft aus dem Zusammenarbeiten mit anderen Menschen.“

Auch am Theater interessiere ihn die Kommunikation mit den Zuschauern, „sonst würde ich Konzertmusik schreiben“. Dass das Theater heute nur noch eine Nischen-Industrie sei und nicht mehr dieselbe Bedeutung habe wie in den 1920er Jahren, als es das Denken der Menschen beeinflusste, ficht ihn nicht an. „Ich schreibe, weil ich die Menschen zum Lachen, Weinen und Denken bringen will“, sagt er und fügt einen Wunsch an, der für einen Neunzigjährigen ungemein amerikanisch klingt. „Ich will so viel Publikum wie möglich.“ Das ist Stephen Sondheim bisher noch immer gelungen.

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