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Alltag und Einsamkeit. Stephen Willats' Bilderserie »In Isolation leben« zeigt Bewohner von Gropiusstadt im Jahr 1979/80.

© Christian Hanussek

Station Urbaner Kulturen: Kunst und Cricket

Auswärtsspiel der Kreuzberger NGBK: Die Station Urbaner Kulturen veranstaltet in Hellersdorf Ausstellungen und Cricket-Spiele.

Die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) hat im Juni ihr 50-jähriges Jubiläum gefeiert, und dabei ist etwas kurz gekommen, dass auch eine der Arbeitsgruppen des Kreuzberger Kunstvereins einen runden Geburtstag hatte. Seit über fünf Jahren wirkt die AG Station Urbaner Kulturen, die Nachfolgerin des NGBK-Wettbewerbs „Kunst im Untergrund“, der Arbeiten für U-Bahnhöfe generierte, kurz vor der Stadtgrenze, in Berlin-Hellersdorf.

„Was ist draußen?“, hieß die erste Ausstellung der Gruppe um das Künstlerduo Adam Page und Eva Hertzsch im Jahr 2014. Eine deutliche Antwort darauf lässt sich jetzt in der Nähe des Cottbusser Platzes finden. Auf der Grünfläche an der Carola-Neher-Straße gleich gegenüber der Unterkunft für Asylbewerber veranstaltet die sonst in einem Ladenlokal tätige Kunst und Sport unter freiem Himmel.

Blick auf Trabantenstädte in den 1970er Jahren

Die neue Ausstellung ist Teil der Reihe „Kreise ziehen“ über das Leben in Großwohnsiedlungen und zeigt Plakatkunst. Sie handelt vom Leben in Berlin-Gropiusstadt und in Tiflis-Gldani, zwei Stadtteile aus den 1970er-Jahren, einmal alter Westen, einmal postsowjetischer Osten. Doch weil die Hellersdorfer Skyline im Gras aufgestellten Plakatwände so passend rahmt, lassen die Arbeiten von Stephen Willats, Christian Hanussek und Tinatin Gurgenidze sofort erkennen: Gldani und Gropiusstadt haben viel gemeinsam. Trabantenstädte sind sie, wie man einst sagte: nahezu autonome Teilstädte am Rand einer größeren Stadt, mit dieser lose verbunden durch Gleise und Straßen für die Pendler.

In Tiflis-Gldani haben Christian Hanussek und Tinatin Gurgenidze Bewohner in ihren Garagen fotografieren lassen. Diese halblegalen Häuschen wurden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zwischen den Gebäuderiegel errichtet und dienten auf Schattenmärkten als Handelsstände für Überlebensnotwendiges. Heute sind sie Hobbyschuppen, Datsche. Auf den Fotoplakaten stehen Zitate der Porträtierten: „Wir haben unseren Garten in die Stadt mitgebracht“ beispielweise, aber auch: „Wir werden nach Abchasien zurückkehren“. Trabantenstädte sind Anlaufstellen von Zuwandernden.

Nachbarn, Künstler und Geflüchtete spielen zusammen

Die zweite Arbeit war bereits 2004 auf der 3. Berlin Biennale zu sehen: Stephen Willats Plakatcollagen aus der Serie „In Isolation leben“ von 1979/80. Willats kombinierte Aufnahmen der gropiusstädtischen Wohntürme mit Porträts alleinlebender Bewohner und deren Aussagen über ihren einsamen Alltag. In Tiflis-Gldani dagegen posieren Familien, Nachbarn, Paare. Rund 40 Jahre und 2.600 Kilometer liegen zwischen den Arbeiten, doch einander gegenüber gestellt zeigen beide, dass Architektur nicht zuletzt das ist, was Politik, Wirtschaft und die Bewohner aus ihr machen.

Das könnte auch für Hellersdorf gelten. In der Gemeinschaftsunterkunft der Asylbewerber kommen Kenntnisse aus aller Welt zusammen, zum Beispiel über Cricket, wie man es in Pakistan und Afghanistan spielt. Für Hellersdorf ein Gewinn. Das Team der Station Urbaner Kulturen hat auf der Wiese grüne Sportmatten gespannt. Nachbarn, Künstler und Geflüchtete spielen zusammen gegeneinander. Der Hellersdorf Cricket Club trat an gegen den AC Berlin, den Regionalligisten aus Marzahn-Hellersdorfer. Nachdem zuerst jede der Mannschaften eine Partie gewann, konnte der AC Berlin die Sache im letzten Match für sich entscheiden.

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