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Violinistin Hyeyoon Park und Dirigentin Marzena Diakun.

© Kai Bienert

Start des Festivals Young Euro Classic: Klein ist das neue Groß

Das Eröffnungskonzert von Young Euro Classic mit dem Bundesjugendorchester und dem Orchestre Français des Jeunes im Konzerthaus Berlin.

Diesen Sommer ein Musikfestival in geschlossenen Räumen zu eröffnen, ist zunächst eine organisatorisch anspruchsvolle Aufgabe. Und dann ist es auch eine zutiefst emotionale. Beides schwingt mit am ersten Abend von Young Euro Classic.

Das internationale Jugendorchestertreffen hat sich wieder neu erfunden, nachdem 2020 das geplante Programm abgesagt werden musste und spontan eine Kammermusikreihe gestartet wurde. Dieses Jahr ist die Orchestergröße auf 60 Musikerinnen und Musiker limitiert, aber es dürfen wieder über 700 Plätze im Konzerthaus vergeben werden, fünf Konzerte werden zusätzlich auf den Gendarmenmarkt übertragen. Auch für die coronabedingten Absagen von Ensembles aus Portugal, Spanien und Russland wurde erstklassiger Ersatz gefunden, etwa mit dem Ensemble Mini (2. August).

Eine Rede von Michael Müller und Rameau-Häppchen

Der Krisenmodus kann Young Euro Classic wenig anhaben, Einführungen werden vorab als Podcast angeboten, Grußworte zugunsten eines komprimierten Musikprogramms gestrichen. Nur bei der Eröffnung siegt das klassische Repräsentationsbedürfnis.

Ein aufgeräumter Michael Müller schlägt beredten Bogen vom umfangreichen Vermissen in den vergangenen Monaten und der Sehnsucht nach Begegnung hin zu einem Appell, jetzt die Freiheit dauerhaft zurück zu erobern, indem Impfangebote auch angenommen werden. Widerspruch ist nicht zu spüren, aber lebhafte Ablehnung im Publikum, als Zuspätkommer die Sitzordnung verdichten wollen. Lieber Abstand halten, um Nähe zu ermöglichen.

Das Festivalorchester, für diesen Abend vereint aus Frankreich und Deutschland, muss lange auf seinen Einsatz warten, weil neben der Ansprache noch eine literarische Einfriedung vorgesehen ist. Boris Aljinovic liest aus dem Briefwechsel zwischen Voltaire und Friedrich dem Großen, in den zunächst wortreich eingeführt werden muss.

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Da werden die die Rameau-Häppchen zwischen den Texten schnell zu bloßen Einwürfen, kommt das Orchester zu Beginn gar nicht auf seine Betriebstemperatur. Das liegt auch daran, dass die in Frankreich lebende polnische Dirigentin Marzena Diakun weder Körperlichkeit noch Esprit dieser Musik zu vermitteln vermag.

Mit den Berliner Werken von Mendelssohn-Bartholdy und CPE Bach werden die Musikblöcke zwar länger, doch das Gefühl, mit ihnen eine Zeit der Umbrüche zu erleben, bleibt fern. Manch einer wird von den romantischen Brechern träumen, die früher Young Euro Classic prägten. Dabei gibt es keinen Zweifel: Klein ist das neue Groß.

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