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Spectrum Concerts Berlin droht das Aus: Musik in der kleinsten Kammer

Woher hat er nur die Kraft genommen? Seit 25 Jahren kämpft Frank Dodge für die Spectrum Concerts.

Woher hat er nur die Kraft genommen? Seit 25 Jahren kämpft Frank Dodge für die Spectrum Concerts. Jene von Klassikkennern vielgeliebte Berliner Kammermusikreihe, die der Cellist 1988 gegründet und seitdem quasi als Einmannbetrieb geleitet hat. Ohne einen Cent vom Staat – und von den kommerziell agierenden Konkurrenten argwöhnisch beäugt. Dabei war er ja nie wirklich ein Konzertveranstalter. Er wollte einfach nur die Zusammenkünfte seiner musikalischen Familie organisieren. So, wie Claudio Abbado Kammermusik definiert, nämlich als aktive Freundschaftspflege, so sieht auch Dodge die Auftritte an, bei denen er regelmäßig selber zum Cello greift.

In der Mauerstadt galt der 1950 in Boston Geborene, der 1982 nach Berlin kam, als Exot. Dass da einer auf eigene Faust – und nur getragen von Spenden und Eintrittsgeldern – eine Konzertreihe aufzog, wirkte wagemutig. Auch wegen der ausgefallenen Programme. Denn von Anfang an kombinierte Dodge 18. und 19. Jahrhundert mit zeitgenössischer Musik. Wichtig waren ihm immer amerikanische Komponisten, ebenso versuchte er aber auch die Erinnerung an Komponisten wachzurufen, die von den Nazis ins Exil getrieben wurden.

Mit einer sanften Hartnäckigkeit, um die ihn mancher PR-Profi beneiden dürfte, gelang es Frank Dodge , Privatpersonen, Firmen und Stiftungen Geld für die Spectrum Concerts zu entlocken. Nach dem Motto: Wir bitten nicht, wir bieten – nämlich exquisite Programme mit tollen Interpreten. Viele, denen Dodge eine Chance gab, als sie junge Künstler waren, sind ihm treu geblieben, kommen auch als Stars regelmäßig zurück, wie beispielsweise die Geigerin Janine Jansen.

Seit 1995 ist das Engagement in einem Freundeskreis organisiert. Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, seit 2003 Ehrenmitglied, zählt Frank Dodge zu jenen „großen künstlerischen Persönlichkeiten“, die nötig sind, um Kulturstädte voranzubringen: Der findige Cellist sei da „zum prägenden Symbol geworden“.

Jetzt allerdings droht den Spectrum Concerts das Aus, das Abschlusskonzert der Saison am 23. Juni könnte das letzte in der glorreichen Geschichte werden. Dodge ist zu sehr Amerikaner, um vom Scheitern zu sprechen. Menschen wie er kennen nur Herausforderungen. Aber er gibt zu, dass ihn mit zunehmendem Alter die Akquise-Arbeit anstrengt. Auch die Konzerte dieser Saison hatte er wieder veröffentlicht, ohne zu wissen, wie 80 Prozent der Kosten gedeckt werden würden.

Dieser tägliche Kampf ums Geld hat ihn ermattet. Vor allem, wenn sich in Zeiten der Finanzkrise abzeichnet, dass die Gemeinde der Spectrum-Fans nicht mehr in der Lage ist, die Unternehmung zu tragen. Dabei geht es „nur“ um ein paar tausend Euro, jeweils fest zugesagt für die nächsten drei Spielzeiten, die Frank Dodge bräuchte, um weitermachen zu können. Sollte es unter den wohlhabenden Zugezogenen wirklich keinen geben, der die Summe springen lassen kann?

Es handelt sich schließlich nicht um die Alimentierung eines Egotrips, so wie bei vielen Dirigenten, die sich zur Mehrung des eigenen Ruhms Privatorchester halten. Verhindert werden soll, dass eine musikalische Familie ihre künstlerische Heimat verliert. Bis auf Weiteres wird Dodge optimistisch bleiben. Er kann gar nicht anders. Sein Credo lautet: „Wenn man Erfolg hat bei einem Sponsorengespräch, gewinnt man einen Freund, nicht nur einen Geldgeber.“ Frederik Hanssen

Am 23. Juni um 20 Uhr sind bei den Spectrum Concerts im Kammermusiksaal Beethovens Septett, Enescus Oktett sowie Robert Helps’ „Nocturne“ zu hören.

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