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Kultur: SPD und PDS: Vorwärts und vergessen

Ärger gab es bisher immer. Seit dem Umbruch 1989/90 ringen SPD und PDS um das richtige Verhältnis.

Ärger gab es bisher immer. Seit dem Umbruch 1989/90 ringen SPD und PDS um das richtige Verhältnis. Anfangs zementierten harte Worte und schroffe Gesten die Abgrenzung. Der erste Parteitag der Ost-SPD 1990 in Leipzig beschloss, keine SED-Mitglieder aufzunehmen. Bürgerrechtler um Markus Meckel und Stephan Hilsberg, Mitbegründer der Ost-SPD, wollten keine Kooperation. Höhepunkt der Konfrontation war die Dresdner Erklärung 1994. In dem Papier, das Ex-SPD-Chef Rudolf Scharping mit den ostdeutschen Landesvorsitzenden erarbeitete, hieß es: "Die PDS ist ein politischer Gegner. Eine Zusammenarbeit kommt nicht in Frage." Dieser Satz bereitete der SPD noch Kummer - denn fortan war jede Kooperation angreifbar.

Die erste Annäherung fand in Sachsen-Anhalt statt. Reinhard Höppner ließ sich 1994 von einer Koalition aus SPD und Grünen zum Ministerpräsidenten wählen, toleriert von der PDS. Die CDU - plötzlich in der Opposition - hängte im ganzen Land die berühmten "roten Socken" auf, um die Sozialdemokraten als Verräter zu brandmarken. Doch mit der anhaltenden Stärke der PDS wuchs bei vielen ostdeutschen Politikern die Kooperationsbereitschaft. Im November 1998 schmiedete Harald Ringstorff in Mecklenburg-Vorpommern die erste rot-rote Koalition. Die Proteste verhallten erst nach Monaten. Plädoyers aus der Bundes-SPD für engere Kontakte sorgten ebenfalls für Schlagzeilen, etwa als SPD-Chef Oskar Lafontaine im Februar 1999 provozierend erklärte: "Die Dresdner Erklärung ist längst von der Wirklichkeit überholt."

Die PDS versuchte ihrerseits, sich der SPD anzunähern. Die Vordenker André Brie, Lothar Bisky und Gregor Gysi schworen ihre Basis auf das "Ankommen" im politischen System der Bundesrepublik ein. Sie wussten, dass nur auf diesem Weg der lange Marsch zur Macht möglich war. Erst vor zwei Monaten entschuldigte sich die PDS offiziell für die Zwangsvereinigung zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten zur SED im April 1946 - was die PDS-Basis laut aufheulen ließ. Auch der letzte DDR-Ministerpräsident, Hans Modrow, distanziert sich. "Bei der PDS klingt immer zu sehr der Wunsch durch: Nehmt uns endlich", sagte er dem Tagesspiegel. Wichtiger als die Frage, ob die PDS koalitionsfähig sei, ist für Modrow, "was unsere Wähler von uns erwarten".

Emotionen bleiben auch in der SPD nicht aus. Modrow glaubt gar: "Die SPD hat noch Angst vor der PDS." Bisher folgten jeder Annäherung prompt Forderungen nach mehr Distanz. Die jüngste Empfehlung des Berliner SPD-Spitzenmanns Wowereit, die PDS nicht mehr zu tabuisieren, wurde zwar in der Republik fast klaglos hingenommen. Spätestens aber im anstehenden Wahlkampf könnte sich das ändern. Und wieder Ärger geben.

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