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Für Sopranistin Sabine Devieilhe war das Konzert ihr Berlin-Debüt.

© JB Millot, Erato

Sopranistin Sabine Devieilhe in Berlin: Vom Duft der Klänge

Soirée francaise in der Philharmonie: Sabine Devieilhe und der Pianist Alexandre Tharaud begeistert mit einem ästhetisch stimmigen Liederabend.

Notenblätter, die lange tief in Schränken lagerten, können etwas muffig riechen. Aber die Klänge, die entstehen, wenn Künstlerinnen und Künstler das Niedergeschriebene zum Leben erwecken, sind olfaktorisch natürlich neutral. Auch wenn Eduard Hanslick, der scharfzüngigste Kritikerpapst des 19. Jahrhunderts, über Tschaikowskys Violinkonzert einst behauptet hat, dies sei Musik, „die man stinken hört“.

Geht es darum, die Eigenheit von französischen Kompositionen zu beschrieben, taucht allerdings hartnäckig immer wieder der Begriff „Parfüm“ auf. Mal negativ gemeint, in dem Sinne, dass hier Äußerliches Vorrang vor inneren Werten hat, oft positiv benutzt, um jene Atmosphäre zu beschrieben, die Werke von Gabriel Fauré, Claude Debussy, Maurice Ravel oder auch Francis Poulenc so besonders macht – weil ihre Musik auf faszinierende Weise zwischen Romantik und Moderne zu schweben scheint.

Sängerin und Pianist bilden eine perfekte Einheit

Partituren dieser vier Landsleute hat die in der Bretagne geborene Sopranistin Sabine Devieilhe am Mittwoch zu ihrem Berlin-Debüt mitgebracht. Es wird ein ebenso duftiger wie dufter Abend, heftig umjubelt vom Publikum. Was auch daran liegt, dass die Sängerin perfekt mit ihrem Klavierpartner Alexandre Tharaud harmoniert, der selber als Virtuose von Rang international hochgeschätzt ist.

Klanglich streben die beiden eine Einheit an, darum ist der Flügel voll aufgeklappt: Piano und Stimme umarmen sich, verschmelzen miteinander, kurz, schaffen diese so schwer zu beschreibende französische Atmosphäre, bei der das Künstliche plötzlich ganz natürlich wirkt und das Schlichte raffiniert veredelt wird. Wer dieser Musik Duftnoten geben will, verfällt schnell auf Begriffe wie zitrisch und belebend, aber auch auf erlesen oder moosig.

Als Zugabe gibt's Ironisches von Ravel

Ästhetisch bewegen sich die ausgewählten Stücke auf einer Wellenlänge, ihre Schöpfer waren allesamt intellektuelle Köpfe in den Künstlerkreisen ihrer Zeit. Das sehr einheitliche Kaleidoskop, das dabei entsteht, ist von Sabine Devieilhe und Alexandre Tharaud beabsichtigt. Die schweren, betörenden Parfüms der Pariser Wagnerverehrer klammern sie bewusst ebenso aus wie die sinnlich-süßen der sentimentalen Opernkomponisten.

Was von einem untrüglich sicheren Geschmack zeugt. Ja, noch nicht einmal bei den Zugaben machen sie Geständnisse. Obwohl die Sopranistin für ihre Koloraturen berühmt ist, glänzt sie nicht mit der Juwelen-Arie aus dem „Faust“ oder Leo Delibes „Lakmé“, sondern schwingt sich lediglich mit den karikierenden Kantilenen des „Feuers“ aus Ravels „L'enfant et les sortilèges“ in höchste Höhen. Chapeau!

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