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Leidenschaftliche, zugleich formal klug disponierende Musikerin: Die Cellistin Sol Gabetta.

© dpa

Sol Gabetta im Kammermusiksaal: In der Höhe blühen

Spätwerke von Frühromantikern: Sol Gabetta spielt Schumann, Mendelssohn und Chopin. In Bertrand Chamayou hat die argentinische Cellistin einen kongenialen Partner.

Ein ausverkaufter Sonatenabend im Kammermusiksaal der Philharmonie, der mit Standing Ovations endet, kommt eher selten vor. Allerdings gehört die Argentinierin Sol Gabetta mit vollem Recht zu den erfolgreichsten Cellistinnen ihrer Generation. Und der in Deutschland noch zu wenig bekannte französische Pianist Bertrand Chamayou ist ebenfalls ein sensationeller Musiker.

Gabetta ist für ihre kompromisslose Repertoirewahl bekannt, auch das aktuelle Programm zeigt mit Kompositionen von Schumann, Mendelssohn und Chopin größte dramaturgische Konzentration: Die Komponisten sind innerhalb eines Jahres geboren, die drei Hauptwerke des Abends zwischen 1843 und 1849 entstanden; Spätwerke von Frühromantikern also, wenn man bedenkt, wie jung alle drei Komponisten gestorben sind. Schumanns ursprünglich für Klarinette geschriebene Fantasiestücke entfalten sich im Wechselspiel von formal schlichtem Aufbau und rhythmischer und motivischer Subtilität. In der grüblerischen Chromatik von Chopins einziger Cellosonate steckt schon der halbe Scriabin – genial, wie am Ende des langsamen Satzes allein die Begleitung des sozusagen nur noch im Geiste mitschwingenden Themas erklingt. In der Interpretation von Gabetta und Chamayou wirkt nichts übertrieben, aber alles bei grundsätzlich eher flüssigen Tempi bedachtsam ausmusiziert. Sol Gabetta ist eine leidenschaftliche und zugleich formal klug disponierende Musikerin, mit in der Höhe aufblühendem Ton spannt sie weite Melodiebögen. Die technische Perfektion von Bertrand Chamayou wirkt geradezu lässig, die Differenziertheit seines Anschlags ist schlichtweg phänomenal.

Sol Gabetta und das kollektiv erkältete Publikum

Allein der ziemlich schnell gespielte langsame Satz aus Mendelssohns zweiter Cellosonate wirkt etwas glatt: Man hört zu wenig, dass die Gegenüberstellung von choralartigen Passagen des Klaviers und dem Rezitativ des Cellos zu den radikalen und rätselhaften Einfällen des Komponisten gehört. Erst mit Chopins Variationen zu Themen aus Giacomo Meyerbeers Oper „Robert le Diable“ wenden sich die Musiker einem reinen Virtuosenstück zu. Abgesehen von den Pausen zwischen den Sätzen reißt sich das offenbar im Kollektiv erkältete Publikum zusammen und wird mit Zugaben von Rachmaninow, Schostakowitsch und Castelnuovo-Tedesco belohnt.

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