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Sehnsuchtsort des Easyjet-Sets. Der Berliner Überclub Berghain samt der legendären Warteschlange. Foto: Imago

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Silvester im Berghain: Vaseline und Viagra

Schlangestehen, Türsteherfragen, Stars on 45, Sex: Silvester im Berghain kann ganz schön unspektakulär sein.

Es ist wohl nicht die originellste Idee, ausgerechnet in der Silvesternacht ins Berghain zu pilgern – das machen so gut wie alle inländischen und ausländischen Touristen, die nicht am Brandenburger Tor ins neue Jahr feiern. Aber ist es überhaupt noch originell, ins Berghain zu gehen? Und ist der Laden nicht das ganze Jahr über eine der größten Touristenattraktionen der Stadt?

Der Plan war vorher, so früh wie möglich nach Mitternacht hinzugehen, um nicht in der zu erwartenden ewig langen Schlange zu stehen. Doch gewissermaßen pünktlich halb eins, eins ist schon zu spät – die Schlange ist lang. Aber auch in diesem Punkt ist die Frage nur eine rhetorische: Gehört das Berghain-Schlangestehen nicht mit zum vielversprechenden Club-Besuch? Die Holländer vor uns sind sympathisch, die Spanier hinter uns verschlossen, und es werden genau die Geschichten erzählt, die damit enden, dass man nicht in einen Club gekommen ist. Die Holländer werden von T., der sich vorher auf der Berghain-Website schlau gemacht hat, mit den Namen der DJs versorgt, und tatsächlich müssen sie vom kleinen stämmigen Türsteher die Fragen nach ihrem Alter und wer heute nacht auflegt, beantworten. Sie kommen rein, was wir nach geschlagenen 90 Minuten selbstredend auch wollen. „Ihr vier?“ – „Ja“- „Nein, ihr nicht, da geht es zurück!“.

Scheint aber nur ein Witz gewesen zu sein. Denn als wir uns abwenden (vier gestandene Männer, alle über 40, nun gut, keine Glatzen, keine Oberlippenbärte, trotzdem: Was mal wieder für eine Schmach!), erschallt der Ruf des dazugestoßenen legendären grauhaarigen, gesichtstätowierten Berghain-Türstehers, dass wir kommen sollen, und alles wird gut. Oder besser: Alles wird okay. Denn auf der Hauptfläche läuft hartes, beatloses Basic-Channel-Zeugs – keine Ahnung, auf was man drauf sein muss, um das gut zu finden oder sich gar dazu bewegen zu können. Schöner, harmonischer, housiger ist es in der Panoramabar, aber auch im Lab. Oratory lassen sich die Stars-on-45-Pop-Medleys schön hören.

Und sonst? Alles im Rahmen, alles nicht so spektakulär, wie das die Berghain-Reports oft versprechen. Hier ein paar Lustschreie, die die Leute an den Klos aber nicht weiter irritieren, dort der nackte Typ mit einer Viagra-Überdosis, an dem sich irgendwann eine Frau und ein Mann zu schaffen machen, nun denn. Besonders kommunikativ ist das Ganze nicht in dieser Nacht – aber die Vaseline-Spender überall sind natürlich toll.

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