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Vielstimmig. Jürgen Baumanns Arbeit thematisiert Macht und Missbrauch.

© VBK

Sex als Thema in der Kunst: Labyrinth der Gefühle

Nackte Körper und kopulierende Mobiltelefone: Der Verein Berliner Künstler widmet sich dem Sommerthema „Sex“ aus unterschiedlichen Perspektiven.

Der Trick ist gut, die Strategie der Werbung abgeschaut. „Sex“ heißt die aktuelle Ausstellung des Vereins Berliner Künstler – und sicher hat das Wort Signalfunktion (Schöneberger Ufer 57; bis 11. August). Es weckt Erwartungen und löst sie in den Räumen am Landwehrkanal auch erst einmal ein: Geboten werden nackte Körper, rote Münder, kopulierende Mobiltelefone oder, wie auf dem Bild von Karla Woisnitza, ein abgetrennter Finger.

Hier zeigt sich allerdings auch schon die Tücke der Wortwahl. Denn was liegt näher, als nun sämtliche Arbeiten – selbst die abstrakte Malerei von Ute Faber oder Susanne Knaack – auf das Thema hin zu befragen: Und was hat das mit Sex zu tun? Nicht immer viel, vor allem aber immer anders, lautet die Antwort. Sex, das ist Lust, Macht, Begehren, Unterwerfung oder Missbrauch, wie ihn Jürgen Baumann in seinen Fotografien von Mundpartien andeutet. All diese Jungen singen im Chor der Regensburger Domspatzen, der vor ein paar Jahren zugeben musste, dass hier seit den 1950er-Jahren körperliche und sexuelle Gewalt ausgeübt wurde.

Raum zum Nachdenken

Baumanns Arbeit changiert zwischen Anklage, Schönheit und Faszination. Sie kann vieles sein und zeigt die Fallen der Interpretation auf – in der Kunst wie im Leben. Das gelingt nicht allen 18 Künstlern, doch wo es funktioniert, macht die Ausstellung kluge Anmerkungen zum Verhältnis der Geschlechter. Bei Inge H. Schmidt scheint es um Dominanz zu gehen, ganz öffnen sich ihre Bilder nicht. Zum Glück, so bleibt Raum zum Nachdenken. Klaus Kossak steuert eine „Unkeusche Zeichnung“ mit vager Handlung bei, Ute Deutz vergrößert historische Aktfotografien und ergänzt sie durch anzügliche Sätze. Die Frauen bleiben – wie vor hundert Jahren – Objekt, doch die gestickten, neonfarbenen Kommentare stellen ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Angeschauten und den Anschauenden her.

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